192 Revue Médicale Suisse – www.revmed.ch – 25 janvier 2012 Revue Médicale Suisse – www.revmed.ch – 25 janvier 2012 0 Die meisten Konsultationen beim Arzt
bieten diagnostisch keine Schwierig
keiten. Sie werden auf Grund folgen
der Entwicklung : 1) keine Hospitali
sation ist notwendig, 2) Zufriedenheit des Patienten besteht bei der nächsten Konsul
tation und 3) der Patient kommen nicht mit demselben Problem zurück, als korrekt beur
teilt. Fehldiagnosen passieren aber häufiger als wir meinen ! Autopsie Studien belegen zwar eine 50% Reduktion der Fehldiagno
sen seit 1972 in der Schweiz,1 trotzdem liegt sie immer noch über 10%.
Überschätzung ist wohl menschlich in un
serem Tun und dürfte auch beim decision making in der Medizin zutreffen. Ärzte glau
ben zwar, dass es Fehler gibt, aber dass sie einerseits selten sind und anderseits die anderen sie machen (Overconfidence). Wenn Ärzte unsicher sind, fragen sie. Feh
ler entstehen wahrscheinlich häufiger in Fällen, in denen sie sich sicher glauben.
Anhand von Haftpflichtfällen aus den USA stehen kognitive Fehler (z.B. falsche Beur
teilung oder Synthese), Kommunikations
fehler und viel seltener Workloadfolgen im Vordergrund. Wie sich der immer grössere Zeitdruck auswirkt, wird sich zeigen. Mö
gliche Fallgruben können sich zweifellos auftun. Nicht selten erkennt ein Verursacher einen Fehler nicht, wenn die Selbstsicher
heit und die Performance stark divergieren (Arroganz) !
Bei den Prozessfehler sind am häufig
sten zu nennen falsche Analyse, inadäqua te Anam nese oder Untersuchung, falsche Beur teilung von diagnostischen Tests und inadä quate Nachkontrolle. Katastrophen ba sie ren grossmehrheitlich auf mehreren Faktoren, die in einem gewissen Zusam
men hang stehen. Das sogenannte Swiss Cheese Modell veranschaulicht dies bild
lich (Abbildung 1). Prozessanalysen insbe
sondere nach einem entsprechenden «Fast
unglück» (Critical Incident reporting System) sind an Spitälern heutzutage etabliert und reduzieren Fehler und verbessern damit die Qualität.
Mit steigender Erfahrung wenden wir im
mer häufiger die Pattern recognition strategy an. Wenn wir Hufschläge hören, haben wir die Assoziation es sind Pferde. Gross mehr
heitlich trifft dies zu. Selten einmal kann es sich aber auch um ein Zebra handeln ! Das Beispiel einer Bleivergiftung als Ursache von Abdominalschmerzen.
Insbesondere unter Zeitdruck laufen wir die Gefahr des Context Error. Ein Patient hatte frühere bereits dieselben Symptome, sodass wir sie derselben Krankheit zuord
nen. Die Anamnese wird unvollständig erho
ben, die differentialdiagnostischen Überle
gungen nicht oder kaum gemacht. Das Beispiel einer jungen Frau mit idiopathi
scher Pankreatitis, deren Symptome als funktioneller Natur beurteilt wurden weil sie seit der Jugend immer wieder über Bauch
grimmen klagte.
Fehler werden nie vollständig eliminiert werden können. Eine Strategie zur Verbes
serung der Diagnosestellung erfolgt indem konsequent alternative Ursachen gesucht werden (Differentialdiagnosen). Computer
basierte Tools stehen heute zur Verfügung, sind aber Zeitfresser. Überschätzung der Präzision (Overestimation) der Diagnose, dh die Korrektur des mismatch zwischen overconfidence (Selbstsicherheit) und per
formance ist insbesondere durch feedback möglich. Feedback ist essentiell für die Ent
wicklung von Expertise. In unserer Kultur ist feedback fälschlicherweise oft verbunden mit dem Eindruck persönlichen Versagens oder wird als persönlicher Angriff abge
wehrt. In Form von Autopsien oder morbidity mortality conference erfolgen interdiszipli
näre feedbacks. Neuerdings werden Ärzte in Weiterbildung mittels miniCEX und DOPS früh mit dieser Methode vertraut.
Fehler , die wir machen, auch wir Alten
Quadrimed 2012
Rev Med Suisse 2012 ; 8 : 192
V. Briner
Prof. Dr. med. Verena Briner Leiterin und Chefärztin Departement Medizin
Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 v.a.briner@bluewin.ch
Abbildung 1. Swiss Cheese Modell
Bibliographie
1 Sonderegger-Iseli K, Burger S, Mutwyler J, Salo- mon F. Diagnostic errors in three medical eras : A necropsy study. Lancet 2000;355:2027-31.
• Berner ES, Graber ML. Overconfidence as a cause of diagnostic error in medicine. Am J Med 2008;
121:S2-23.
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