HES-SO Valais Wallis Bereich Gesundheit & Soziale Arbeit
Erarbeitet von: Anja Sterren Eichibodo
3938 Ausserberg
anjasterren@hotmail.com
Kurs: Bachelor 08
Unter Begleitung von : Franziska Heldner- Metzger Pflegeexpertin HöFA Il
Wirksamkeit der Dialektisch- Behavioralen Therapie auf suizidales und selbstverletzendes Verhalten bei Borderline- Patienten
Systematische Literaturübersicht
Dank
„Was wir am nötigsten brauchen, ist ein Mensch, der uns zwingt, das zu tun, was wir können.“
(Ralph Waldo Emerson)
In Anlehnung an dieses Zitat danke ich ganz besonders Frau Franziska Heldner für die wertvolle
Begleitung bei der Erstellung der vorliegenden systematischen Literaturübersicht. Ein weiterer Dank
geht an meine Familie, meine Freundinnen, meinen Freund David Zenhäusern sowie an meine
Mitstudierende Franziska Lauber. Ich möchte mich für eure Motivation, Unterstützung und Geduld im
letzten Jahr bedanken. Ein weiteres Dankeschön geht an Cindy Treyer und an Fabian Andereggen für
die hilfreichen Tipps und für die formelle Überprüfung dieser Arbeit.
Problembeschreibung: Suizidale und selbstverletzende Patienten mit der Borderline- Persönlichkeitsstörung zählen in der Pflege zu den sogenannten schwierigen Patienten. Pflegende werden in ihrem therapeutischen Handeln hinterfragt und teils an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht, was zu einem therapiegefährdendem Verhalten gegenüber dem Patienten führen kann. In der Behandlung der Borderline- Patienten mit suizidalem und selbstverletzendem Verhalten ist zusätzlich zu einer symptomorientierten pharmakologischen Therapie eine Psychotherapie unerlässlich. Empirisch sind unter diversen Psychotherapien insbesondere bei der Dialektisch- Behavioralen Therapie (DBT) positive Effekte bekannt. Die DBT ermöglicht den Pflegenden durch konzeptionell fest vereinbarte Strategien und eine dialektische Sichtweise die Unterstützung des Patienten in der Reduktion oder Beseitigung von selbstverletzendem Verhalten, was in der Nursing Interventions Classification (NIC) als Pflegeintervention aufgeführt wird.
Ziel: Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die aktuelle wissenschaftliche Literatur zur Wirksamkeit der DBT auf suizidales und selbstverletzendes Verhalten bei Borderline- Patienten schaffen. Es wird folgender Fragestellung nachgegangen: Wie wird in der wissenschaftlichen Literatur die Wirksamkeit der DBT auf suizidales und selbstverletzendes Verhalten bei Borderline- Patienten beschrieben? Um eine qualitativ hohe und evidenzbasierte Pflege gewährleisten zu können, sollen die Ergebnisse den Pflegefachpersonen und Pflegestudierenden Erkenntnisse liefern, welche den Umgang mit dieser Patientengruppe erleichtern.
Methode: Um die Forschungsfrage zu beantworten, wurde eine systematische Literaturübersicht erstellt. In den pflegerelevanten und themenspezifischen Datenbanken Cochrane, PubMed, Cinahl, Health Source und PsycINFO wurde systematisch nach relevanter Literatur gesucht. Durch definierte Auswahlkriterien wurden acht Studien zur Analyse gefunden.
Ergebnisse: In fünf der acht analysierten Studien wurde suizidales sowie selbstverletzendes Verhalten untersucht, in drei Studien nur selbstverletzendes Verhalten. In allen acht Studien wurde ein positiver Effekt der DBT auf suizidales und/oder selbstverletzendes Verhalten nachgewiesen, in fünf Studien war dieser Effekt signifikant. Des Weiteren stellte sich die DBT als wirksam heraus zur Reduktion von Suizidgedanken, Hospitalisierungen, Notfallbesuchen und medizinischem Risiko aufgrund suizidalen und selbstverletzenden Verhaltens und führte zu einer verbesserten Lebensmotivation.
Schlussfolgerungen: Die DBT eignet sich als wirksame Intervention bei suizidalen und selbstverletzenden
Borderline- Patienten. Pflegende und Pflegestudierende sollten sich über diese Thematik informieren und
sich in DBT- Ausbildungen mit den spezifischen Behandlungsstrategien und der dialektischen Sichtweise
vertraut machen. So kann eine professionelle, verständnisvolle und vertrauenswürdige Pflege gewährleistet
1. EINLEITUNG ... 1
1.1 P ROBLEMBESCHREIBUNG ... 1
1.2 F RAGESTELLUNG ... 6
1.3 Z IELSETZUNG ... 6
2. THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN ... 7
2.1 B ORDERLINE - P ERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG ... 7
2.1.1 Definition und Klassifikation... 7
2.1.2 Ätiologie ... 8
2.1.3 Verlauf ... 9
2.1.4 Stigma und Therapie... 10
2.2 S UIZIDALES UND SELBSTVERLETZENDES V ERHALTEN ... 11
2.2.1 Definitionen und Einteilung ... 11
2.2.2 Suizidales und selbstverletzendes Verhalten bei der Borderline- Persönlichkeitsstörung ... 13
2.2.3 Ätiologie und Motive... 13
2.2.4 Empirische Messinstrumente ... 14
2.2.5 Therapie ... 15
2.3 D IALEKTISCH - B EHAVIORALE T HERAPIE (DBT) ... 16
2.3.1 Definition ... 16
2.3.2 Behandlungskonzept ... 16
2.3.4 Behandlungsstrategien ... 18
2.3.5 Dialektisch- Behaviorale Therapie in der Pflege ... 18
3. METHODE ... 20
3.1 F ORSCHUNGSDESIGN ... 20
3.2 D ATENSAMMLUNG ... 21
3.3 D ATENAUSWAHL ... 21
3.4 D ATENANALYSE ... 22
4. ERGEBNISSE ... 23
4.1 M ERKMALE DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 24
4.2 B ESCHREIBUNG DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 25
4.2.1 Randomisiert kontrollierte Versuche ... 25
4.2.2 Nicht randomisierte Interventionsstudien ... 31
4.3 H AUPTERGEBNISSE DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 35
4.4 Q UALITÄT DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 40
5. DISKUSSION ... 44
5.1 D ISKUSSION DER M ERKMALE DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 44
5.2 D ISKUSSION DER H AUPTERGEBNISSE DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 47
5.3 D ISKUSSION DER Q UALITÄT DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 52
5.4 K RITISCHE W ÜRDIGUNG ... 55
6. SCHLUSSFOLGERUNGEN... 58
6.1 E MPFEHLUNGEN FÜR DIE P FLEGEPRAXIS UND DIE P FLEGEAUSBILDUNG ... 58
6.2 E MPFEHLUNGEN FÜR DIE P FLEGEFORSCHUNG ... 59
T ABELLE 1: S UCHSTRATEGIE ... 21
T ABELLE 2: S TUDIENAUSWAHL NACH E IN - UND A USSCHLUSSKRITERIEN ... 22
T ABELLE 3: UNTERSCHIEDLICHE D EFINITIONEN VON SUIZIDALEM UND / ODER SELBSTVERLETZENDEM V ERHALTEN ... 23
T ABELLE 4: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE V ERHEUL ET AL . (2003) ... 26
T ABELLE 5: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE VAN DEN B OSCH ET AL . (2005) ... 27
T ABELLE 6: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE L INEHAN ET AL . (2006) ... 28
T ABELLE 7: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE M C M AIN ET AL . (2009) ... 30
T ABELLE 8: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE C ARTER ET AL . (2010) ... 31
T ABELLE 9: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE B OHUS ET AL . (2004) ... 32
T ABELLE 10: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE C OMTOIS ET AL . (2007) ... 33
T ABELLE 11: E RGEBNISSE UND M ESSINSTRUMENTE DER S TUDIE H ARNED ET AL . (2010) ... 34
T ABELLE 12: I NTERVENTIONEN UND H AUPTERGEBNISSE DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 39
T ABELLE 13: G ESAMTQUALITÄT DER ANALYSIERTEN S TUDIEN ... 43
1. Einleitung
1.1 Problembeschreibung
Fiedler (2001) definiert die Persönlichkeit und Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen als Ausdruck der für ihn charakteristischen Verhaltensweisen und Interaktionsmuster, mit welchen er den gesellschaftlich- kulturellen Anforderungen und Erwartungen zu entsprechen und seine zwischenmenschlichen Beziehungen auf der Suche nach einer persönlichen Identität mit Sinn zu füllen sucht. Als Störungen der Persönlichkeit bezeichnet der Autor all jene Persönlichkeitsmerkmale, welche für die Betroffenen eine Last oder ein Leiden darstellen. Dass Persönlichkeitsstörungen für die Betroffenen eine emotionale Belastung darstellen, betonen auch Davison, Neale und Hautzinger (2007).
Sie definieren die Persönlichkeitsstörungen als lange bestehende, tiefgreifende und unflexible Verhaltensmuster, die das berufliche, sowie das soziale Leistungsvermögen der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Es gibt verschiedene Formen der Persönlichkeitsstörungen und zu einer dieser Formen gehört nach dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM- IV) die Borderline- Persönlichkeitsstörung.
Die Borderline- Persönlichkeitsstörung ist eine tiefgreifende psychische Krankheit, die vor allem gekennzeichnet ist durch Störungen des Selbstbildes und der Affekt- Regulation, sowie Instabilität in der Impulskontrolle und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Betroffen von der Borderline- Persönlichkeitsstörung ist etwa 1- 2% der allgemeinen Bevölkerung (Schwartz, Blazer, George &
Winfield, 1990; Widinger & Weissmann, 1991; Torgersen, Kringlen & Cramper, 2001, zit. in Lieb, Zanarini, Schmahl, Linehan & Bohus, 2004). Davon sind 70% Frauen, die an der Borderline- Persönlichkeitsstörung leiden. Unter den psychisch kranken Kindern und Jugendlichen beträgt die Prävalenz der Borderline- Persönlichkeitsstörung zwischen 7.8% und 11%. Auch hier sind vermehrt Mädchen betroffen (Schwartz et al., 1990; Bernstein et al., 1993; Torgersen et al. 2001, zit. in Lieb et al., 2004). Laut dem Bundesamt für Statistik (2008) sind 3.1% der Behandlungsfälle in psychiatrischen Kliniken Patienten
1mit der Borderline- Persönlichkeitsstörung. Nach Lieb et al. (2004) befinden sich 10% von den Betroffenen der Borderline- Persönlichkeitsstörung in ambulanter und 20% in stationärer psychiatrischer Behandlung (Schwartz et al., 1990; Widinger & Weissmann, 1991; Torgersen et al., 2001, zit. in Lieb et al., 2004).
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