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Droit européen: Suisse - Union européenne = Europarecht: Schweiz - Europäische Union

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Droit européen: Suisse - Union européenne = Europarecht: Schweiz - Europäische Union

KADDOUS, Christine, TOBLER, Christa

KADDOUS, Christine, TOBLER, Christa. Droit européen: Suisse - Union européenne =

Europarecht: Schweiz - Europäische Union. Swiss Review of International and European Law , 2009, vol. 19, no. 4, p. 499-535

Available at:

http://archive-ouverte.unige.ch/unige:44212

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Droit europeen: Suisse - Union europeenne Europarecht: Schweiz - Europiische Union

von Christine Kaddous*/Christa Tobler**

A. Legislation - Gesetzgebung

Das bilaterale Recht hat sich auch im letzten Jahr weiterentwickelt. Die Ande- rungen, welche sich aufgrund von Beschliissen von Gemischten Ausschiissen ergeben, k6nnen der Website des Integrationsbtiros entnommen werden.1 In der vorliegenden Chronik speziell erwfihnt werden soll die Aufnahme von fdinf neueren EG-Richtlinien in den Anhang des Landverkehrsabkommens. Die Richtlinien betreffen die technische Fahrzeugkontrolle,2 die Aus- und Weiter- bildung der Chauffeure,3 die Kontrolle der Sozialvorschriften im Strassen- verkehr4 sowie die Kontrolle der sog. Gefahrguttransporte.5 Im Bereich des Schengenrechts unterzeichnete der Bundesrat am 26. August 2009 das Zusatz- abkommen zwischen der Europfiischen Gemeinschaft, der Schweizerischen

Christine Kaddous, Professeur Ai l'Universit& de Gen~ve. Chaire Jean Monnet. Directeur du Centre d'&tudesjuridiques europ&ennes (wwwunige.ch/ceje). La pr~sente chronique a &t& r~dig~e en colla- boration avec M" Anicle Lay, assistante au Centre d'&tudes juridiques europ~ennes de l'Universit&

de Gen~ve. M' Eric Maugu&, avocat Ai Gen~ve, a particip& pour la partie consacr~e Ai la s&curit& so- ciale.

Christa Tobler, Professorin ffir das Recht der europiischen Integration am Europainstitut der Univer- sit/it Basel (www.europa.unibas.ch) sowie am Europainstitut der Universitiit Leiden (www law.

leiden.edu/organisation/publiclawleuropainstitute/europa-institute.jsp).

Siehe http://www.europa.admin.ch/dokumentation/00438/00465/index.html?lang de.

2 Richtlinie 2003/26/EG zur Anpassung der Richtlinie 2000/30/EG des Europ~iischen Parlaments und des Rates an den technischen Fortschritt in Bezug auf Geschwindigkeitsbegrenzer und Abgasemis- sionen, ABI. 2003 L 90/37, sowie Richtlinie 2003/30/EG des Europdiischen Parlaments und des Rates vom 8. Mai 2003 zur F6rderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerba- ren Kraftstoffen im Verkehrssektor, ABI. 2003 L 123/42.

3 Richtlinie 2003/59/EG tiber die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraft- fahrzeuge fur den Gtiter- oder Personenkraftverkehr und zur Anderung der Verordnung (EWG) Nr.

3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates, ABI. 2003 L 226/4.

4 Richtlinie 2006/22/EG tiber Mindestbedingungen fur die Durchfthrung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates tiber Sozialvorschriften fur Tdtigkeiten im Kraftver- kehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates, ABI. 2006 L 102/35.

5 Richtlinie 2008/54/EG zur Anderung der Richtlinie 95/50/EG des Rates tiber einheitliche Verfahren fur die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Strasse in Bezug auf die der Kommission tiber- tragenen Durchftihrungsbefugnisse, ABI. 2008 L 162/11.

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Eidgenossenschaft und dem Fiirstentum Liechtenstein zur Regelung der Betei- ligung der Schweiz an den Aktivitditen derAgentur FRONTEX (offiziellerTitel:

Vereinbarung zwischen der Europ~iischen Gemeinschaft einerseits sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fiirstentum Liechtenstein ande- rerseits zur Festlegung der Modalitditen der Beteiligung dieser Staaten an der Europ~iischen Agentur fir die operative Zusammenarbeit an den Aussengren- zen der Mitgliedstaaten der Europ~iischen Union). Ziel der Agentur ist eine er- leichterte Umsetzung von bestehenden und kiinftigen Gemeinschaftsmassnah- men bei der (Iberwachung der Aussengrenzen der Europ~iischen Union. Das neue Abkommen er6ffnet FRONTEX unter anderem die M6glichkeit, Schwei-

zer Grenzw~ichter ffir befristete Einsditze anzufordern.

Am 6. August 2009 wurde ein neues Bildungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU paraphiert. Es betrifft die offizielle Teilnahme der Schweiz an den europdiischen Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der Europ~iischen Union. Zu den Themen Stromtransit, Marktzugang im Agrar- und Lebensmittelbereich und 6ffentliche Gesundheit (einschliesslich die Bekdimp- fung iibertragbarer Krankheiten wie z.B. der Schweinegrippe) stehen die Schweiz und die EG in Verhandlungen.

B. Neuere Entwicklungen in der Rechtsprechung:

EuGH und Schweizerisches Bundesgericht

-

Developpements recents de la jurisprudence:

CJCE et Tribunal federal suisse

I. Einleitende Bemerkungen - Introduction

Mit Bezug auf die Rechtsprechung legt die vorliegende Chronik das Schwerge- wicht auf Entscheidungen, welche fdr die Schweiz von besonderem Interesse sind. Dabei handelt es sich in erster Linie um Entscheidungen zum bilateralen Recht, und zwar sowohl des Europ~iischen Gerichtshofes (wo nach wie vor nur sehr wenig Einschligiges vorliegt) wie auch des Schweizerischen Bundesge- richts (wo aus den zahlreichen relevanten Entscheidungen ausgewdhlt werden musste). Neben der Rechtsprechung, welche sich unmittelbar auf das bilaterale Recht bezieht, werden in dieser Chronik auch einige wenige andere Entscheide des EuGH besprochen, welche ffir die Schweiz relevant sind.6 Bekanntlich sind

6 Ffir die Besprechung weiterer Entscheide siehe jeweils den Beitrag tiber die Rechtsprechung des EuGH zur Personenfreiziigigkeit im Schweizerischen Jahrbuchfr Europarecht, das jedes Jahr neu erscheint. - In der vorliegenden Chronik nicht besprochen werden die Entscheide des EuGH zum Wettbewerbsrecht; siehe dazu JTiRG BORER, Spruchpraxis zum EG-Wettbewerbsrecht (2007/2008), SZIER 2009 S. 247 ff.

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die schweizerischen Gerichte nach den Vorschriften des Abkommens iber die Personenfreiztigigkeit (Freiztigigkeitsabkommen oder FZA) zur Beachtung der Rechtsprechung des EuGH verpflichtet, wenn es um gemeinschaftsrechtliche Begriffe geht, die auch im Rahmen des FZA relevant sind, und wenn sie vor dem 21. Juni 1999 ergangen ist. Wie bereits in frifieren Praxisbeitriigen darge- legt, wird in der schweizerischen Praxis aber auch spditere Rechtsprechung des EuGH beachtet, sofern sie eine Fortfihrung oder Prfizisierung von frifierer Rechtsprechung darstellt.

Wie soeben bemerkt, ist die Rechtsprechung des EuGH zum bilateralen Recht bisher sehr spiirlich. In der Berichtsperiode erging ein einziges Urteil, ndimlich die erste Vorabentscheidung zur Auslegung des Personenfreizigig- keitsabkommens (Stamm und Hauser. Sie wird unten besprochen. Zwei wei- tere Vorabentscheidungsersuchen sind gegenwdirtig huingig (Stand: Anfang Sep- tember 2009). Dazu geh6rt der bereits in der letzten Chronik erwdihnte und aus Deutschland stammende Fall iber Verwaltungsrfite. Er betrifft die Frage, ob die Bestimmungen des FZA es zulassen, dass das in Deutschland beschiftigte Ver- waltungsratsmitglied einer schweizerischen Aktiengesellschaft in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, obwohl in Deutschland beschif- tigte Verwaltungsratsmitglieder einer deutschen Aktiengesellschaft versiche- rungsfrei sind.' Ein weiteres, aus Osterreich stammendes Vorabentscheidungs- ersuchen betrifft die Frage, ob sich das Gleichbehandlungsgebot desAbkommens beztiglich des Erwerbs von Grundstficken nur aufnatfirliche oder auch aufjuris- tische Personen bezieht. Seit Jahren ist zudem die Nichtigkeitsklage der Schweiz gegen die Entscheidung der Europfiischen Kommission im Luftverkehrsstreit mit Deutschland huingigis Am 9. September 2009 fand dazu in Luxemburg die mtindliche Verhandlung statt.9

II. Rechtsprechung des EuGH zum bilateralen Recht

-

Jurisprudence de la CJCE relative au droit bilat6ral

1. Freier Personenverkehr - Libre circulation des personnes Am 22. Dezember 2008 erging die erste Vorabentscheidung des EuGH zur Aus- legung des FZA, Stamm und Hauser.1" Der Fall betraf den Schweizer Landwirt Erich Stamm, mit Betriebssitz in der Schweiz, der mit der Deutschen Anneliese

7 Rs. C-351/08 Christian Grimme gegen DeutscheAngestellten-Krankenkasse, hdingig.

8 Rs. T-319/05 Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Kommission, hdingig.

9 Siehe <<Fluglirmstreit besch~iftigt das EU-Gericht. Die Schweiz und die EU-Kommission kreuzen in Luxemburg die Klingen>, Neue Ztircher Zeitung vom 10. September 2009.

0 Rs. C-13/08 Erich Stamm undAnneliese Hauser, Entscheidung yom 22. Dezember 2008, noch nicht in der Sammlung ver6ffentlicht.

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Hauser einen Landpachtvertrag iber in Deutschland gelegenes Ackerland ge- schlossen hatte. Ein zweiter, dihnlich gelagerter Fall brauchte Oibrigens vom EuGH nicht entschieden zu werden, weil hier das Ersuchen um eine Vorabent- scheidung inzwischen zurtickgezogen worden war." Der Hintergrund solcher Fiile scheint zu sein, dass Schweizer Landwirte h6here Pachtpreise zu zahlen bereit sind als deutsche Landwirte, welche die fraglichen Fliichen ebenfalls pachten m6chten, sie dann aber wegen ihres tieferen Angebots nicht erhalten.2 Nach der deutschen Rechtspraxis k6nnen Pachtvertriige iber deutsches Land mit in der Schweiz ansiissigen Schweizer Bauern wegen sogenannter ungesun- der Verteilung der Bodennutzung gerichtlich aufgehoben werden. Dies geschah auch im Falle von Herm Stamm, und zwar aufAntrag des Landwirtschaftsam- tes durch Entscheidung des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen. Das Oberlandes- gericht Karlsruhe in Freiburg bestiitigte diese Entscheidung, worauf Herr Stamm an den Bundesgerichtshof gelangte. Dieser war mit Blick auf seine bis- herige Rechtsprechung ebenfalls der Auffassung, dass der Vertrag aufzuheben sei. Nach dieser Rechtsprechung gilt niimlich das Gleichbehandlungsgebot in Art. 15 Abs. 1 des Anhangs I des FZA13 nur for Selbstdindige, welche sich im Gastland niederlassen wollen, nicht aber for selbstiindige Grenzgiinger, wie der Bundesgerichtshof Herm Stamm einstufte. An der Richtigkeit dieser Auslegung kamen dem Bundesgerichtshof nun aber Zweifel, sodass er sich zur Klirung an

den EuGH wandte.

Dessen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Zweifel berechtigt waren.

Der EuGH hilt fest, dass Art. 15 Abs. 1 des Anhangs I des FZA gleichermassen fir im Gastland niedergelassene Selbstdindige wie for selbstiindige Grenzgdin- ger gilt. Der Gerichtshof stiitzt sich dabei auf den Wortlaut und den Autbau des Anhangs I des FZA, die Zielsetzung des Abkommens als Ganzem sowie auf einzelne Bestimmungen. Was den Anhang I anbelangt, so weist nichts darin darauf hin, dass die Bestimmungen im Kapitel iber die Selbstdindigen nicht auch auf selbstdindige Grenzgdinger anzuwenden w~iren. Letztere werden einzig deshalb in einem eigenen Artikel (ndimlich Art. 13 des Anhangs I des FZA) er- wiihnt, weil fir sie im Vergleich zu den Selbstdindigen im Sinne von Art. 12 aufenthaltsrechtliche Erleichterungen bestehen. Die umfassende Geltung des Gleichbehandlungsgebotes nach Art. 15 wird laut dem EuGH durch die Zielset-

Rs. C-193/08 Hermann Fischer und Rof Schlatter gegen das Regierungsprdisidium Freiburg, Be- schluss vom 3. Mirz 2009, ABI. 2009 C 141/34.

12 Siehe dazu <dBauernstreit vor dem Europ~iischen Gerichtshof. Schweizer Bauern, deutsches Pacht- land>>, NZZ vom 9. Januar 2008.

Art. 15 bestimmt: << 1. Dem Selbstindigen wird im Aufnahmestaat hinsichtlich des Zugangs zu einer selbstdndigen Erwerbstiitigkeit und deren Austibung eine Behandlung gewdhrt, die nicht weniger glinstig ist als die den eigenen Staatsangeh6rigen gewdhrte Behandlung. 2. Artikel 9 dieses Anhangs gilt sinngem~iss fur die in diesem Kapitel genannten Selbstidndigen.>>

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zung des Abkommens bestditigt, welche u.a. in der Einrfiumung eines Rechts aufNiederlassung als Selbstdindiger und die Einrfiumung der gleichen Lebens-, Beschfftigungs- undArbeitsbedingungen wie fir Inlinder zugunsten der Staats- angeh6rigen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Schweiz besteht.

Zudem statuiert Art. 2 FZA ein Verbot der Diskriminierung wegen der Staats- angeh6rigkeit bei der Anwendung der Anhfinge I bis III. Ein weiterer Hinweis ist indirekt Art. 25 des Anhangs I zu entnehmen. Er sieht vor, dass ein Grenz- g inger hinsichtlich des Erwerbs einer ffir die Ausiibung einer Erwerbstditigkeit dienenden Immobilie die gleichen Rechte hat wie die Inlinder. Laut dem EuGH kann es nicht die Absicht der Vertragsparteien gewesen sein, Landpachtvertrfige schlechter zu stellen als den Immobilienerwerb, der in der Regel umfassendere dingliche Rechte verschafft.

Damit entscheidet der EuGH zugunsten der selbstdindigen Grenzgfinger. Zu beachten ist, dass es dabei nur urn die Reichweite des Gleichbehandlungsgebo- tes nach Art. 15 des Anhangs I des FZA geht und nicht auch urn seinen Inhalt diesbezfiglich hatte der Bundesgerichtshof offenbar keine Zweifel. Vielmehr war ihm klar, dass im Falle der Anwendbarkeit von Art. 15 die Aufhebung von Pachtvertrfigen mit in der Schweiz niedergelassenen Landwirten wegen unge- sunder Bodennutzung eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Staatsan- geh6rigkeit der schweizerischen Bauern und darnit eine Verletzung von Art. 15 darstellt. Interessant ist insbesondere der Hinweis auf das allgerneine Gleichbe- handlungsgebot nach Art. 2 FZA. Er k6nnte darauf hindeuten, dass der Ge- richtshof m6glicherweise auch in anderen Zusammenhfingen eine breite An- wendung des Verbotes der Diskriminierung wegen der Staatsangeh6rigkeit be- flirworten wfirde, z.B. mit Bezug auf die passive Dienstleistungsfreiheit, welche in der Schweiz kontrovers diskutiert wird.14

Bezfiglich der Rechtssache Stamm und Hauser bleibt aus verfahrensrechtli- cher Sicht zu ergfinzen, dass die Entscheidung des Gerichtshofs gewisse Beson- derheiten aufweist: Es liegen keine schriftlichen Antrfige des Generalanwaltes vor, und ein miindliches Verfahren fand nicht statt. Der Grund daffir liegt in Art. 20 Abs. 5 der Satzung des Gerichtshofes: «1st der Gerichtshof der Auffas- sung, dass eine Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, so kann er nach Anh6rung des Generalanwalts beschliessen, dass ohne Schlussantrfige des Ge- neralanwalts iiber die Sache entschieden wird.>> Offenbar war der Gerichtshof der Auffassung, dass hier ein solcher Fall vorliege. Das iiberrascht, zitiert doch der EuGH keine frifiere Rechtsprechung zur einschligigen Frage.

14 Vgl. dazu CHRISTA TOBLER/DANIEL MARITZ, <<ZIr bilateralen Dienstleistungsfreiheit>, in: Schweize- risches Jahrbuchfir Europarecht 200812009, im Erscheinen begriffen.

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Ill. Rechtsprechung des EuGH zum EG-Recht und zum EWR-Recht - Jurisprudence de la CJCE relative au droit communautaire et au droit AELE

1. Freier Personenverkehr innerhalb der EU - Libre circu- lation des personnes dans 'UE

Am 4. Juni 2009 5iusserte sich der EuGH in seiner Vorabentscheidung in der Rechtssache Vatsouras and Koupatantze15 u.a. iiber den Begriffdes <<Arbeimeh- mers>>, wie er im Rahmen der Personenfreizfigigkeit sowohl im EG-Recht wie auch im bilateralen Recht (FZA) von zentraler Wichtigkeit ist. Der Fall betraf die AnsprOiche von zwei griechischen Staatsangeh6rigen auf die sog. Grundsi- cherung ffir Arbeitsuchende in Deutschland. Fuir den Bestand dieser AnsprOiche war entscheidend, ob die beiden Personen zur Zeit der massgebenden Ereig- nisse die Arbeimehmereigenschaft im Sinne von Art. 39 EG hatten. Das vorle- gende Gericht ging davon aus, dass dies nicht der Fall sei, weil Herr Vatsouras damals nur eine kurze und nicht existenzsichemde geringfogige Beschiftigung hatte und Herr Koupatantze eine wenig mehr als einen Monat dauemde Be-

sch~iftigung.

Der EuGH erinnert an die stdindige Rechtsprechung, wonach der Begriff

<«Arbeitnehmer> im Sinne von Art. 39 EG ein Begriff des Gemeinschaftsrechts ist, der nicht eng auszulegen ist. Darunter fdilltjede Person, die eine tats~ichliche und echte Tditigkeit ausiibt, wobei Tdtigkeiten ausser Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als v6llig untergeordnet und unwe- sentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhiilmisses besteht darin, dass jemand wdihrend einer bestimmten Zeit ffir einen anderen nach des- sen Weisung Leistungen erbringt, ffir die er als Gegenleistung eine Vergiitung erh~ilt. Weder die begrenzte H6he der Vergitung noch die Herkunft der Mittel fdr diese Verguitung kann irgendeine Auswirkung auf die Arbeimehmereigen- schaft im Sinne des Gemeinschaftsrechts haben. Dass die Bezahlung einer un- selbstdindigen Tditigkeit unter dem Existenzminimum liegt, hindert nicht, die Person, die diese Tditigkeit ausuibt, als Arbeitnehmer im Sinne des Art. 39 EG anzusehen, selbst wenn der Betroffene die Vergiitung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts wie eine aus 6ffentlichen Mitteln des Wohn- ortmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstiitzung zu erg~inzen sucht. Der blosse Umstand, dass eine unselbst~indige Tdtigkeit von kurzer Dauer ist, flhrt als solcher nicht dazu, dass diese Tditigkeit vom Anwendungsbereich des Art. 39 EG ausgeschlossen ist. Folglich 1iisst sich unabhdingig von der begrenzten H6he

Verbundene Rechtssachen C-22/08 and C-23/08 Athanasios Vatsouras and JosifKoupatantze gegen Arbeitsgemeinschafi (ARGE) Niirnberg 900, Entscheidung vom 4. Juni 2009, noch nicht in der

Sammlung ver6ffentlicht.

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der Vergiitung und der kurzen Dauer der Berufstditigkeit nicht ausschliessen, dass diese aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhfilt- nisses von den nationalen Stellen als tatsfichlich und echt angesehen werden kann und somit erlaubt, dem Beschfftigten die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von Art. 39 EG zuzuerkennen.

Die Entscheidung bestditigt in aller wiinschbaren Deutlichkeit, dass der Be- griff des <<Arbeimehmers>> sehr weit ist. Diese Auslegung gilt ohne Weiteres auch ffir das FZA, stiitzt sich doch der EuGH in Vatsouras and Koupatantze insbesondere auf Leitentscheide aus den 1980er-Jahren (darunter insbesondere Lawrie-Blum),16 und damit auf Rechtsprechung, welche lange vor der Unter- zeichnung des FZA ergangen ist.

2. Personenverkehr aus Drittstaaten/Schengenrecht - Libre circulation des personnes, ressortissants d'Etats tiers/Schengen

Am 2. April 2009 erging die Vorabentscheidung des EuGH zur Rechtssache Kqiku.17 Sie betrifft die Schweiz unmittelbar, weil sich das hier relevante Se- kundfirrecht der EG u.a. auf die Schweiz bezieht. Dabei geht es urn die Einwan- derung von Personen mit der Staatsangeh6rigkeit eines Drittstaates im Sinne des Titels IV des dritten Teils des EG-Vertrages (Art. 61 EG ff.). In diesem Zu- sammenhang wurde u.a. die Verordnung 539/2001/EG erlassen.18 Sie regelt die Visumspflicht ffir die Einreise und den Aufenthalt in die EU. In denselben Zu- sammenhang geh6rt die Entscheidung 896/2006/EG.19 Sie sieht vor, dass die Schengen-Mitgliedstaaten bestinnte von der Schweiz und Liechtenstein aus- gestellte Aufenthaltserlaubnisse ffir die Zwecke der Durchreise durch ihr Ho- heitsgebiet einseitig anerkennen.

Der serbisch-montenegrische Staatsbiirger Kqiku wohnt seit 1993 in der Schweiz, wo er die Aufenthaltsbewilligung C besitzt. Am 4. August 2006 reiste er mit seiner Ehefrau und drei Kindern nach Deutschland, wo er bis zum 6. August 2006 Verwandte besuchte. Die Reise fiihrte zu einer strafrechtlichen Verfolgung, weil die Familie zwar iiber gfiltige Pfisse und schweizerische Auf-

16 Rs. 66/85 Deborah Lawrie-Blum gegen Land Baden- Wirttemberg, Slg. 1986, 2121.

17 Rs. C-139/08 RafetKqiku, Entscheidung vom 2. April 2009, noch nicht in der Sammlung ver6ffent- licht.

Verordnung 539/2001/EG zur Aufstellung der Liste der Drittldinder, deren Staatsangeh6rige beim Oberschreiten der Aussengrenzen im Besitz eines Visums sein mtissen, sowie der Liste der Drittldin- der, deren Staatsangeh6rige von dieser Visumpflicht befreit sind, ABI. 2001 L 81/1.

19 Entscheidung 896/2006/EG zur Einfihrung einer vereinfachten Regelung fur die Personenkontrol- len an den Aussengrenzen, die daraufberuht, dass die Schengen-Mitgliedstaaten bestimmte von der Schweiz und Liechtenstein ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse fur die Zwecke der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet einseitig anerkennen, ABI. 2006 L 167/8.

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enthaltsdokumente verfoigte, nicht aber iber Visa, obwohl die Verordnung 539/2001/EG vorsieht, dass Staatsangeh6rige der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien-Montenegro) beim Uberschreiten der Aussengrenzen der Mitglied- staaten im Besitz eines Visums sein miissen (bei frilieren Besuchen hatte die Familie stets Visa beantragt). Als das Amtsgericht Singen entschied, dass sich Herr Kqiku keiner Rechtsverletzung schuldig gemacht hatte, zog der Staatsan- walt die Sache weiter. Das Oberlandesgericht Karlsruhe war sich der Auslegung der erwdihnten Gesetzgebung nicht sicher und wandte sich deshalb mit der Frage an den EuGH, ob in einem Fall wie dem von Herm Kqiku ein Visum n6tig ist.

Vor dem EuGH argumentierte Herr Kqiku, dass die Entscheidung 896/2006/

EG die Anerkennung von von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und vom Fiirstentum Liechtenstein ausgestellten Aufenthaltserlaubnissen fflr die Zwecke der Durchreise durch den Schengen-Raum oder des kurzfristigen Aufenthalts im Schengen-Raum zum Ziel habe. Sein Ausldinderausweis C stelle deshalb eine gOiltige Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung dar. Die Kommission ver- trat dagegen die Auffassung, dass es nur um die Durchreise gehen k6nne. Der

EuGH weist vorab darauf hin, dass der Schengen-Besitzstand eine Unterschei- dung zwischen zwei grundlegenden Visakategorien vorsieht, ndimlich Visa ffr kurze Aufenthalte (Aufenthalte, deren Dauer insgesamt drei Monate nicht Uiber-

schreitet) und Durchreisevisa (Durchreise mit einer Dauer von maximal ffnf Tagen). Die Entscheidung 896/2006/EG betrifft laut ihrem Wortlaut nur die Durchreise von bis zu fonfTagen. Dies wird durch die Priiambel der Entschei- dung bestiitigt, wonach diese das Ziel verfolgt, Staatsangeh6rigen aus Drittlin- dern, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis der Schweiz oder des Fiirsten- turns Liechtenstein sind, die M6glichkeit zu geben, bei der Rickkehr in ihr Herkunftsland durch den gemeinsamen Raum zu reisen, ohne ein Visum zu beantragen. Folglich sind die im Anhang der Entscheidung aufgeffhrten Aufenthaltserlaubnisse, die visumpflichtigen Drittstaatsangeh6rigen von der Schweizerischen Eidgenossenschaft und vom Fiirstentum Liechtenstein erteilt worden sind, lediglich einem Durchreisevisum gleichgestellt.

Fr den konkreten Fall von Herrn Kqiku bedeutet diese Entscheidung wohl, dass es nun darauf ankommt, ob seine Reise als Durchreise oder als Aufenthalt qualifiziert werden muss. Die Entscheidung des EuGH scheint darauf hinzu- deuten, dass eine Durchreise die Rickkehr in ihr Herkunftsland voraussetzt, was im Falle von Herrn Kqiku nicht gegeben war. Im 1Ubrigen ist anzufoigen, dass die Schweiz inzwischen selbst ein Schengen-Mitgliedland und damit Teil des vom EuGH erw~ihnten 'xgemeinsamen Raums>> geworden ist.

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3. Steuerrecht - Droit fiscal

Entgegen einer in der Schweiz verbreiteten Ansicht sind die EG-rechtlichen Be- stimmungen zum Steuerrecht zumindest teilweise auch ffir das bilaterale Recht relevant. Im Folgenden wird dies im Zusammenhang mit der Personenfreizii- gigkeit anhand von zwei neueren Entscheiden des EuGH illustriert. Die noch stets andauernde Steuerkontroverse mit der EU iiber die Gesellschaftsbesteue- rung betrifft dagegen nicht die Personenfreiziigigkeit, sondern den freien Wa- renverkehr. Diese Kontroverse wird auf der politischen Ebene ausgetragen;

Rechtsprechung dazu liegt nicht vor.20

a) Abzugsfahigkeit von Spenden - Dductibilite des dons

Am 27. Januar 2009 erging die Vorabentscheidung des EuGH in der Rechtssa- che Persche,2 1 betreffend die steuerliche Abzugsfdhigkeit von gemeinniitzigen Spenden. Der Deutsche Persche besitzt in Portugal ein Haus. Er spendete einem am gleichen Ort gelegenen Senioren- und Kinderheim Bett- und Badwfische, Rollatoren und Spielzeugautos im Wert von insgesamt rund 18 000 Euro und wollte diesen Betrag in der Folge in Deutschland bei der Einkommenssteuer in Abzug bringen. Zu diesem Zweck brachte er eine in Portugal ausgestellte Spen- denbestfitigung bei. Der Abzug wurde jedoch von den deutschen Steuerbeh6r- den (Finanzamt) nicht akzeptiert, u.a. weil die empfangende Institution nicht in Deutschland ansfissig war. Herr Persche erhob Klage beim Finanzgericht Minster, blieb aber erfolglos. Daraufhin legte er Revision beim Bundesfinanz- hof ein. Dieser fragte sich, ob ein solcher Fall allenfalls unter die EG-rechtli- chen Bestimmungen iiber die Kapitalverkehrsfreiheit ffillt, und ersuchte den EuGH um eine diesbeziigliche Vorabentscheidung.

Der EuGH erinnert daran, dass der Vertrag keine Definition des Begriffs

<<Kapitalverkehr>> im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG enthfilt. In seiner Rechtspre- chung greift der EuGH deshalb regelmfissig auf den Anhang der Richtlinie 88/361/EWG zurfick, wo zahlreiche Beispiele aufgelistet sind (die Richtlinie stellte Ausfiihrungsgesetzgebung zum friiheren Regime iiber die Kapitalver- kehrsfreiheit dar, bevor die heutigen Art. 56 EG ff. in den Vertrag eingeffigt wurden). Dort sind Schenkungen und Stiftungen in der Rubrik XI unter der Uberschrift <«Kapitalverkehr mit pers6nlichem Charakter> aufgefiihrt. Der Ge- richtshof hfilt deshalb fest, dass die steuerliche Behandlung von Geld- oder

21 Vgl. dazu CHRISTA TOBLER, <Bilaterale Beziehungen (punktuell) auf den Prtifstand? Einige Bemer- kungen zum sog. Steuerstreit ausjuristisch-systematischer Sicht>>, in: Christa Tobler (Hrsg.),Aspekte des Finanzdienstleistungs- und Unternehmenssteuerrechts nach dem EG-Recht und dem bilateralen Recht, Basler Schriften zur europ~iischen Integration No 86, Basel: Europalnstitut der Universitdt Basel 2008, 29-64, mit weiteren Literaturhinweisen.

21 Rs. C-318/07 Hein Persche gegen FinanzamtLiidenscheid, Entscheidung vom 27. Januar 2009, noch nicht in der Sammlung ver6ffentlicht.

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Sachspenden gleich wie die Erbschaftssteuer unter die Vertragsbestimmungen Uber den freien Kapitalverkehr flullt. Ausgenommen sind die Fdille, die mit kei- nem der wesentlichen Elemente der betreffenden Transaktionen Uber die Gren- zen eines Mitgliedstaats hinausweisen. Damit stellte sich die Frage, ob eine Verletzung der Vorschriften Uber die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt. Das Fi- nanzamt argumentierte, dass dies nicht der Fall sei, weil sich inldindische und imAusland ansiissige gemeinntitzige Einrichtungen im Sinne des Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG in nicht vergleichbaren Situationen befdinden; zudem sei die Be- schrdinkung von Steuervergtinstigungen auf Spenden an inldindische gemeinniit- zige Einrichtungen durch das Erfordernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewiihrleisten, gerechtfertigt. Der EuGH hilt fest, das die fehlende Abzugs- fdihigkeit geeignet ist, sich negativ auf die Bereitschaft deutscher Steuerpflich- tiger auszuwirken, an solche Einrichtungen zu spenden, da die M6glichkeit des Spendenabzugs das Verhalten des Spenders erheblich beeinflussen kann. Aus diesem Grund stellt eine solche Regelung daher eine Beschrdinkung des freien Kapitalverkehrs dar, die gemiiss Art. 56 EG grundsditzlich verboten ist. Das Ar- gument der fehlenden Vergleichbarkeit akzeptierte der EuGH nicht. Das Erfor- dernis, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu gewdihrleisten, ist zwar ein zwin- gender Grund des Allgemeininteresses, der eine Beschrdinkung der vom Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen kann. Jedoch kann eine beschrdin- kende Massnahme nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie dem Grundsatz der Verhiltnismiissigkeit gentigt, also geeignet ist, die Erreichung des mit ihr ver- folgten Ziels zu gewiihrleisten, und nicht iber das dazu Erforderliche hinaus- geht. Nichts hindert die Finanzbeh6rden daran, von der steuerpflichtigen Per- son die Vorlage stichhaltiger Belege ffir die Spende zu verlangen. Ausserdem k6nnen sich die Finanzbeh6rden aufgrund der Richtlinie 77/799/EWG2 an die Beh6rden eines anderen Mitgliedstaats wenden, um alle Auskiinfte zu erhalten, die sich als notwendig ffir die ordnungsgemiisse Bemessung der Steuer eines Steuerpflichtigen erweisen. Im Ergebnis befindet der EuGH, dass Art. 56 EG der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, wonach bei Spenden an als gemeinniitzig anerkannte Einrichtungen nur Spenden an im Inland ansiissige Einrichtungen von der Steuer abgezogen werden k6nnen, ohne jede M6glich- keit ffir den Spender, nachzuweisen, dass eine Spende an eine Einrichtung, die in einem anderen Mitgliedstaat ansiissig ist, die nach dieser Regelung geltenden Voraussetzungen ffir die Gewihrung einer solchen Vergtinstigung erfillt.

Zwar geh6rt die Kapitalverkehrsfreiheit nicht zum bilateralen Recht. Den- noch doirfte die Entscheidung in der Rechtssache Persche zumindest indirekt

22 Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 fiber die gegenseitige Amtshilfe zwi- schen den zustidndigen Beh6rden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern, ABI. 1977 L 336/15.

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auch fUr das bilaterale Recht von Belang sein. Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des FZA gewfhrt den Arbeimehmenden und bestimmten ihrer Familienangeh6ri- gen das Recht auf die gleichen steuerlichen und sozialen Vergiinstigungen wie den inldindischen Arbeimehmenden und ihren Familienangeh6rigen. Es lisst sich argumentieren, dass das Verbot der Abzugsfdhigkeit von gemeinniitzigen Spenden im Ausland eine indirekte Diskriminierung wegen der Staatsangeh6- rigkeit darstellt, ist doch anzunehmen, dass vor allem auslindische Personen im Ausland spenden. Es sind deshalb vor allem sie, die von der fehlendenAbzugs- flhigkeit betroffen sind" Fragen k6nnte man sich allenfalls, ob hier die Tatsa- che von Bedeutung ist, dass die Richtlinie 77/799/EWG nicht Bestandteil des bilateralen Rechts ist. Hinweise dazu ergeben sich aus der im Folgenden be- sprochenen Entscheidung des EuGH zum EWR-Recht.

b) Fehlen von Auskunftsmechanismen -Absence d'un m~canisme d'informations

Mit der Richtlinie 77/799/EWG sollen Steuerhinterziehung und Steuerflucht bekdimpft werden. Sie schreibt vor, dass die zustdindigen Beh6rden der Mit- gliedstaaten einander alle Auskiinfte erteilen, die geeignet sind, ihnen die zu- treffende Festsetzung u.a. der Einkommensteuer zu erlauben. Sie spielt in der am 11. Juni 2009 ergangenen Vertragsverletzungsentscheidung in der Rechtssa- che Kommission gegen Niederlande4 eine wichtige Rolle. Der Fall betrifft die steuerliche Ungleichbehandlung in den Niederlanden der von niederlindischen Gesellschaften ausgeschiitteten Dividenden je nach dem, ob die Empfingerge- sellschaften in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft oder in Island oder Nor- wegen ansfissig waren. Nach dem niederlindischen Recht in Kombination mit den einschligigen Doppelbesteuerungsabkommen war eine Befreiung vom Ab- zug der Dividendensteuer an der Quelle fUr Dividenden, die an islindische oder norwegische Gesellschaften ausgeschiittet werden, nur dann m6glich, wenn Letztere, je nach Land, 10% oder 25% der Anteile der die Dividenden ausschiit- tenden niederlindischen Gesellschaft besitzen. Dies bedeutete, dass diese Ge- sellschaften im Gegensatz zu Gesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat gegen die Gefahr der Doppelbesteuerung nicht geschiitzt waren, wenn sie mehr als 5%, aber weniger als 10% oder 25% der Anteile der die Dividenden aus- schiittenden niederlindischen Gesellschaft besassen. Der EuGH entschied, dass dies grundsfitzlich eine Verletzung der EWR-rechtlichen Vorschriften zur Kapi- talverkehrsfreiheit darstellt (Art. 40 EWR-Abkommen). Zu ihrer Rechtferti-

21 Vgl. dazu die Leitentscheidung zur indirekten Diskriminierung wegen der Staatsangeh6rigkeit im Bereich des freien Personenverkehrs, Rs. C-237/94 John O'Flynn gegen Adjudication Officer, Slg. 1996, 1-2617.

24 Rs. C-521/07 Kommission gegen Niederlande, Entscheidung vom 11. Juni 2009, noch nicht in der Sammlung ver6ffentlicht.

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gung beriefen sich die Niederlande auf die fehlende Vergleichbarkeit der unter- schiedlich behandelten Sachverhalte. Da die Richtlinie 77/799/EWG nicht fir die Republik Island und das K6nigreich Norwegen gilt, k6nne nimlich nicht gewdihrleistet werden, dass die Empflingergesellschaften wirklich die Voraus- setzungen erfillten, die das Gesetz for Gesellschaften der Mitgliedstaaten vor- schreibe. Vielmehr fehle eine bindende Regelung, aufgrund deren die Nieder- lande die geeigneten Auskiinfte einholen k6nnten, um die Erfillung der fraglichen Voraussetzungen nachzupriifen. Der EuGH hilt dazu fest, dass eine solche unterschiedliche Regelung der Verpflichtungen der infrage stehenden Staaten auf steuerrechtlichem Gebiet im Verhuiltnis zu denen der Mitgliedstaa- ten der Gemeinschaft zwar rechtfertigen k6nnte, nicht aber im vorliegenden Fall. Der Grund dafir liegt darin, dass das Erfordernis einer h6heren Kapitalbe- teiligung an der die Dividenden ausschiittenden Gesellschaft im Falle von islin- dischen und norwegischen Gesellschaften keinen Zusammenhang mit den frag- lichen allgemeinen Voraussetzungen fir die Befreiung vom Abzug der Dividendensteuer an der Quelle (ndimlich die Errichtung der Gesellschaft in ei- ner bestimmten Gesellschaftsform, ihre Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer auf Gewinnausschfittungen sowie ihre Eigenschaft als Endempfdinger der ausgeschtitteten Dividenden) aufweist. Laut dem EuGH weist nichts in den Akten darauf hin und ist vom K6nigreich der Niederlande auch nicht dargetan worden, dass der Besitz einer Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft von we- niger als 10% oder 25% in irgendeiner Hinsicht von Bedeutung sein k6nnte fir die Gefahr, dass den zustfindigen Beh6rden unrichtige Auskiinfte insbesondere zur steuerrechtlichen Lage der Gesellschaften in den beiden fraglichen Staaten erteilt wiirden und dass aus diesem Grund das Erfordernis von Beteiligungen in dieser H6he gerechtfertigt wire, das fir in den Mitgliedstaaten der Gemein- schaft ansissige Gesellschaften nicht gilt.

Das FZA erfasst die Niederlassungsfreiheit von Unternehmen nicht. Aus der Entscheidung k6nnen aber in anderer Hinsicht analog gewisse Schltisse for das im FZA statuierte Verbot der Diskriminierung wegen der Staatsangeh6rigkeit mit Bezug auf die steuerliche Behandlung von migrierenden Arbeitskrfften ge- zogen werden. Wie erwdihnt, gilt die Richtlinie 77/799/EWG im Verhultnis zwi- schen der Schweiz und den EU-Mitgliedstaaten nicht (insofern besteht hier eine Parallele zum EWR-Recht). Dieses Fehlen kann grundsditzlich eine objektive Rechtfertigung fir eine steuerliche Ungleichbehandlung darstellen, aber nur dann, wenn der ungleich behandelnde Staat dartun kann, dass die Ungleichbe- handlung geeignet ist, der Gefahr von unrichtigen Informationen zu begegnen.

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IV. Jurisprudence du Tribunal f6d6ral relative au droit bilateral - Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichtes zum bilateralen Recht

L'analyse portera sur la jurisprudence relative i l'Accord sur la libre circulation des personnes (ALCP) de 1999. Elle sera articul~e autour de cinq themes: le champ d'application de I'ALCP (1), le droit de s~jour (2), l'ordre public (3), la reconnaissance des dipl6mes (4) et la s~curit6 sociale (5).

1. Champ d'application de I'ALCP, origine des recourants - Anwendungsbereich des FZA, Herkunft der Klager

En d~pit de la jurisprudence dj i abondante sur le suj et, le champ d'application de l'Accord sur la libre circulation des personnes (ci-aprbs ALCP, du 21 juin 1999) fait toujours l'objet d'interrogations. Dans un arret du 10 novembre 2008 que nous n'analyserons pas en detail, le Tribunal f~d~ral a jug6 que I'ALCP ne s'applique pas aux ressortissants du Kosovo, dans la mesure oP cet Etat n'est pas partie contractante i l'ALCP.2 5

Dans un arret plus int~ressant du 27 janvier 200926, le Tribunal f~d~ral s'est prononc6 sur le cas d'un propri~taire suisse d'un bar de nuit qui avait &6 condamn6 parce qu'il avait employ6 et h~berg6 des ressortissants en provenance des «nouveaux>> Etats membres de l'Union europ~enne, alors que ceux-ci n'avaient pas d'autorisation de s~jour. Le recours porte notamment sur la question de savoir si I'ALCP autorise ces personnes i travailler en Suisse. Le Tribunal f~d~ral affirme que I'ALCP s'applique aux ressortissants tchbques, slovaques et polonais depuis le 1er avril 2006. Toutefois, en vertu de l'article 10, paragraphe 1, lettre a), de I'ALCP, des rbgles transitoires sont applicables pendant cinq ans. L'ordonnance sur l'introduction de la libre circulation des personnes (ci-aprbs ordonnance LCP, du 22 mai 200227) apporte des pr~cisions sur l'application de l'ALCP. Or, conform6ment aux articles 4, 26 et 38, paragraphe 3, de l'ordonnance LCP, il est interdit d'employer ou d'h~berger des ressortissants des «nouveaux>> Etats membres sans autorisation de s~j our.

2. Droit de sejour - Aufenthaltsrecht

La majorit6 des arrets rendus au sujet de I'ALCP concerne des questions li~es au droit de s~jour. Aussi allons-nous, ci-aprbs, examiner les questions du

25 Arret 2C_617/2008, du 10 novembre 2008.

26 Arret 6B_884/2008, du 27 janvier 2009.

27 RS 142.203.

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regroupement familial (a), des personnes sans activit6 lucrative (b), et du refus de l'autorisation de sjour (c).

a. Regroupement familial - Familiennachzug

Les arrets rendus i propos du regroupement familial confirment en principe la jurisprudence ant~rieure.28 Notre analyse se limitera i l'examen de deux aspects particuliers: la condition d'un s~jour legal pour l'octroi du regroupement familial, d'une part, et, les conditions d'octroi du droit de s~jour pour les ascendants, i charge d'une personne ressortissante d'une partie contractante i I'ALCP (article 3, paragraphe 2, lettre b, de l'annexe I de I'ALCP), d'autre part.

a. 1. Condition d'un sejour legal Bedingung eines legalen Aufenthalts La condition d'un s~j our legal a &6 examinee en relation avec l'existence d'un mariage de complaisance (a. 1.1.) et avec une mesure de detention en vue du refoulement (a. 1.2.).

a.1.1. Mariagefictif Scheinehe

Dans un arret du 4 d~cembre 200829, le Tribunal f~d~ral s'est prononc6 sur le cas d'une ressortissante italienne au b~n~fice d'un permis d'6tablissement, qui a 6pous6 un ressortissant du Kosovo refoul en raison d'infractions aux pres- criptions de police des 6trangers. Elle demandait une autorisation d'entr~e et de s~j our pour son mari au titre du regroupement familial. Celui-ci se trouvait ill6- galement en Suisse depuis moins d'un mois lorsqu'il a rencontr6 son 6pouse, de dix-huit ans son an~e. Le couple s'est mari6 le lendemain du refoulement du mar et trois mois seulement aprbs qu'ils se sont rencontres. Uautorisation de s~jour a &6 refus~e par le Tribunal cantonal, et le Tribunal f~d~ral a examin6 si la recourante pouvait d~duire de I'ALCP un droit i une autorisation de sejour en faveur de son mari.

Conform~ment i sa jurisprudence ant~rieure fond~e sur l'arret Akrich3 °, le Tribunal f~d~ral a constat6 que la recourante ne peut d~duire aucun droit i une autorisation de sjour en faveur de son mari de l'article 3 de l'annexe I I'ALCP car l'int~ress6, qui n'est pas ressortissant d'un Etat partie i I'ALCP, ne r6sidait

2' Arrets 2C_315/2008, du 27juin 2008; 2C_587/2008, du 4 d~cembre 2008; 2C_285/2008, du 20 aofit 2008; 2C_617/008, du 10 novembre 2008; 2C_607/2008, du 24 mars 2009 et 2C_315/2008, du 27juin 2008.

29 Arret 2C_587/2008, du 4 d~cembre 2008.

3o CJCE, Akrich, du 23 septembre 2003, aff. C-109/01, Rec. 2003, p. 1-9607; voir Hanspeter Mock!

Fabrice Filliez, Libre circulation des personnes et regroupement familial: t propose de la prise en compte de la jurisprudence de la Cour de Luxembourg par le Tribunal fiddral, RSDIE 2/2006, p. 2 3 7-257; voir aussi Raquel Hernandez, www.unige.ch/ceje, actualit& n' 61 du 12 janvier 2004.

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pas lgalement dans un tel Etat lors du d~p6t de la demande3 1 Le Tribunal f~d~ral ne prend pas en consideration l'arret Metock du 25 juillet 200832 qu'il considre comme un revirement de jurisprudence3 3 ne justifiant pas un r~examen de sa jurisprudence ant~rieure.

Conform~ment i l'arr~t Metock, il n'est plus n~cessaire d'avoir sejourn lgalement dans un Etat membre afin de pouvoir d~duire un droit de s~jour driv. La CJCE considre en effet qu'il ne saurait 6tre exig6 du ressortissant d'un pays tiers, conjoint d'un citoyen de l'Union europ~enne d'avoir lgalement s~journ6 dans un Etat membre pour b~n~ficier du droit de s'installer avec ce dernier. L'article 3, paragraphe 1, de la directive 2004/38 doit etre interpret6, selon la CJCE, en ce sens que le ressortissant d'un pays tiers, conjoint d'un citoyen de l'Union sj ournant dans un Etat membre dont il n'a pas la nationalit6, qui accompagne ou rejoint ce citoyen de l'Union, b~n~ficie des dispositions de ladite directive, quels que soient le lieu et la date de leur mariage ainsi que la manibre dont ce ressortissant d'un pays tiers est entr6 dans l'Etat membre d'accueil.

On regrettera que le Tribunal f~d~ral ait choisi de laisser ouverte la question de savoir si l'arret Metock peut tre pris en consideration pour l'interpr~tation de I'ALCP. Certes, on pourra objecter qu'il n'avait pas i trancher la question puisqu'il estimait qu'il n'6tait ( ... pas necessaire en l'esp'ce d'examiner si ce revirement de jurisprudence est de nature i justifier un reexamen de I'ATF 134 1110 prcite>.34 I1 a soulign6 que, dans la mesure oP la recourante est de nationalit6 italienne, l'article 2 de I'ALCP impose qu'ind~pendamment de l'applicabilit6 de l'article 3 de l'annexe I I'ALCP, le droit au regroupement familial en faveur de l'6poux soit au moins reconnu aux m~mes conditions que celles pr~vues pour les ressortissants suisses marius avec des 6trangers, soit sur la base de l'article 7, alin~a 1, de la loifeddrale sur le sdjour et l'etablissement des trangers (ci-aprbs LSEE, du 26 mars 193 1). Or, en verm de cette disposition legislative, le droit de s~jour n'existe pas lorsque l'on se trouve en presence d'un mariage fictif. Le Tribunal f~d~ral examine donc, en se r~f~rant / sa jurisprudence ant~rieure, s'il y a des 6lments qui prouveraient l'existence d'un tel mariage. I1 considbre qu'en l'espbce ces 6lments sont nombreux, concrets et pertinents. I1 relbve la difference d'fge relativement importante entre les 6poux, le fait que le mariage ait W c~l~br6 unjour aprbs le refoulement du mar et trois mois seulement aprbs que les int~ress~s se sont rencontres et le fait que ceux-ci, interrog~s s~par~ment, ont fourni des r~ponses d~montrant qu'ils

31 ATF 130 111, p. 9 ss, cons. 3.6; ATF 134 1110, p. 14 ss, cons. 3.

32 CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241.

33 Arret 2C_587/2008, du 4 d~cembre 2008, p. 4, cons. 2.1 34 Arret 2C_587/2008, du 4 d~cembre 2008, p. 4, cons. 2.1.

35 RS 142.20.

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n'avaient pas les connaissances 6lmentaires usuelles l'un de l'autre que l'on peut attendre d'un couple. I1 conclut, dans ce contexte, que l'arret attaqu6 ne viole pas l'article 7, alin~a 2, LSEE.

Le Tribunal f~d~ral aurait pu et dft tenir compte de l'arret Metock pour l'interpr~tation de I'ALCP car en ne prenant pas position il donne l'impression d'etre s~lectif dans la jurisprudence de la CJCE qu'il entend prendre en consideration.

Comme on le sait, en vertu de l'article 16, paragraphe 2, de I'ALCP, les juridictions suisses tiennent compte de la jurisprudence de la CJCE ant~rieure i la date de signature (21 juin 1999) dans la mesure oP son application implique des notions de droit communautaire. La jurisprudence post~rieure, quant i elle, fait l'objet d'un 6change d'informations et de vues, au sein du comit6 mixte institu6 par I'ALCP, sur les implications de cette jurisprudence pour le bon fonctionnement de l'accord, l'objectif principal d'une telle disposition 6tant de favoriser au maximum une 6volution parallble des jurisprudences respectives de la CJCE et du Tribunal f~d~ral sous le contr6le 6ventuel du comit6 mixte3 6.

Dans l'arret Metock, la Cour de justice reconsidbre la conclusion i laquelle elle avait abouti dans l'arret Akrich et estime que d~sormais il n'y a plus lieu d'exiger la condition d'un s~jour legal pr~alable dans un autre Etat membre. Se r~f~rant i diverses dispositions de la directive 2004/38 relative aux droits des citoyens de l'Union3 7, elle constate que ce texte n'6tablit aucune distinction selon que le ressortissant d'un pays tiers a ou non d~j i s~journ lgalement dans un autre Etat membre38. Elle en conclut qu'une telle exigence contrevient i la

directive.

M~me si la notion de citoyennet6 europ~enne n'est pas contenue dans I'ALCP et que l'arret Metock constitue une interpretation de la directive 2004/38, il reste pertinent pour l'interpr~tation des dispositions de I'ALCP. La directive couvre de nombreux droits qui se retrouvent dans I'ALCP puisqu'elle a abrog6 et <<remplac6 >> toute une s~rie de textes de droit driv qui constituent la base des dispositions de I'ALCP. A cet 6gard, il convient de souligner que la Cour de justice affirme que l'interpr~tation qu'elle donne de la directive est confort~e par la jurisprudence relative aux actes de droit d&riv en matibre de

16 Avec les difficult&s que cela repr~sente car le comit& mixte est un organe de nature politique, mal arm& pour r~soudre des conflits r6sultant de divergences de jurisprudences entre juridictions corn- munautaires et suisses.

17 La Cour a analys& les articles 2, paragraphe 2, 5, 6, paragraphe 2, 7, paragraphe 2 et 10, paragraphe 2, de la directive 2004/38, voir CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241, pts 50 A 53. La directive 2004/38, du 29 avril 2004, relative au droit des citoyens de l'Union et des membres de leurs familles de circuler et de s&journer librement sur le territoire des Etats membres, modifiant le r~glement n' 1612/68 et abrogeant les directives 64/221, 68/360, 72/194, 73/148, 75/34, 75/35, 90/364, 90/365 et 93/96, est publi~e au JO L 158, du 30 avril 2004, p. 77.

38 CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241, pt 54.

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libre circulation des personnes adopt~s ant~rieurement i la directive 2004/38.39 Dans ces conditions, l'arret Metock, en s'6cartant des conclusions de l'arret Akrich, est plac6 dans la continuit6 de la ligne jurisprudentielle d~velopp~e par la Cour de justice au sujet des directives et rbglements ant~rieurs i 200441. Rien ne s'opposerait donc i la prise en compte par le Tribunal f~d~ral de l'arret Metock, car celui-ci constitue le prolongement d'une ligne jurisprudentielle dj connue.

Uarret Metock r~pond par ailleurs au souci des Etats de pouvoir contr6ler et limiter sur leur territoire le droit d'entr~e et de s~jour de personnes au titre du regroupement familial pour des raisons d'ordre public, de s~curit6 publique ou de sant6 publique pour autant que la mesure tienne compte sp~cifiquement de la situation et du comportement de l'int~ress6 et respecte le principe de proportionnalit. 41 Les Etats peuvent en outre adopter les mesures n~cessaires pour refuser, annuler ou retirer tout droit en cas d'abus de droit ou de fraude, tels que les mariages de complaisance, 6tant entendu que toute mesure doit 6tre proportionn~e et soumise i des garanties proc~durales42. Ces deux 6lments, inscrits dans la directive 2004/38 et dans I'ALCP43, permettent au Tribunal f~d~ral de maintenir sa jurisprudence relative i ces aspects particuliers.

a.l.2 Detention en vue du refoulement Ausschaffungshafi

La prise en consideration de l'arret Metock aurait pu influer sur la solution retenue dans un arret ult~rieur, rendu le 13 f~vrier 200944. En l'espbce, il s'agissait d'un ressortissant libanais en detention en vue de son refoulement et de la question de savoir s'il peut ou non se pr~valoir d'un droit d'etre lib~r6 sur la base de I'ALCP.

Entr6 lgalement en Suisse en 2006/2007, il a d~pos6 une demande d'asile, qui s'est sold~e par un refus. Entre-temps, l'individu avait 6pous6 une ressortissante allemande qui avait fait une demande de regroupement familial peu aprbs le mariage. Ce droit lui a 6galement W refus6. Selon l'autorit6 comp~tente, il faudrait que le mar quitte le pays avant que la demande ne puisse 6tre trait~e. Le dossier ne peut en effet tre trait6 qu'aprbs le depart de l'int~ress6 du territoire suisse. Ayant W plac6 en detention administrative, le recourant demande sa liberation en faisant valoir un droit de s~jour d~coulant de son

CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241, pt 55.

40 Voir notamment CJCE, MRAX, du 25 juillet 2002, aff. C-459/99, Rec. 2002, p. 1-6591.

41 CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241, pt 74. Voir le chapitre VI (articles 27 i 33) de la directive 2004/38 et l'article 5 de l'annexe I i I'ALCP

42 CJCE, Metock, du 25 juillet 2008, aff. C-127/08, Rec. 2008, p. 1-6241, pt 75. Voir l'article 35 de la directive 2004/38.

41 Voir les articles 5 de l'annexe I A I'ALCP et les articles 2 de I'ALCP en relation avec l'article 7 de la LSEE. Voir aussi la jurisprudence du Tribunal f~d&ral, ATF 130 11 113, cons. 9.

44 Arret 2C_35/2009, du 13 f&vrier 2009.

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mariage, et invoque A l'appui de ses pr6tentions que la d6cision de le maintenir en d6tention en vue de son refoulement ne serait ds lors pas proportionn6e.

Le Tribunal f6d6ral examine si le recourant peut b6n6ficier de droits d6coulant de I'ALCP. I1 estime que les ressortissants d'Etats tiers doivent avoir s6journ6 16galement en Suisse ou dans un autre Etat partie A l'ALCP afin de pouvoir se pr6valoir d'un droit inscrit A l'article 3 de l'annexe I A I'ALCP.4

Le Tribunal se contente de constater que le recourant ne remplissait pas la condition d'un s6j our 16gal. I1 constate aussi que le droit d'attendre la fin d'une proc6dure de demande d'asile n'implique pas le droit de s6jour. Cette attente ne suffit pas pour consid6rer qu'il se trouve dans une situation 16gale au sens de l'arr~t Akrich. Le recourant ne peut pas, par cons6quent, d6duire un droit de l'article 3 de l'annexe I A I'ALCP. Une application des articles 2 de I'ALCP et 42 de la loifidrale sur les trangers (ci-aprbs LEtr, du 16 d6cembre 2005) ne peut pas octroyer de droit de s6jour, compte tenu de l'article 17, alin6a 1, de la LEtr., qui pr6voit que l'6tranger entr6 16galement en Suisse pour un s6jour temporaire qui d6pose ult6rieurement une demande d'autorisation de s6jour durable doit attendre la d6cision A l'6tranger. En cons6quence, la d6cision de maintenir le recourant en d6tention en vue de son refoulement a 6t6 consid6r6e proportionn6e.

a. 2. Condition de ( charge)) au sens de 1 'article 3, paragraphe 2, lettre b), de l'annexe I l 'ALCP Die Bedingung des ( Unterhalts >> im Sinne von Artikel 3, Abs. 2, lit. b) Anhang FZA

Dans un arr~t du 24 mars 200946, une ressortissante turque, vivant avec sa fille et son gendre italo-suisse, demande le renouvellement de son autorisation de s6j our. Sa demande a 6t6 d6bout6e par les juges cantonaux. Le Tribunal f6d6ral examine si elle remplit les conditions requises pour b6n6ficier du droit de s6j our en vertu de l'article 3, paragraphe 2, lettre b), de l'annexe I de I'ALCP. A titre liminaire, le Tribunal constate que l'arr~t Metock n'est pas pertinent dans le cadre de cette affaire du fait que la recourante r6sidait 16galement en Suisse

45 Le Tribunal fait rf&rence A une circulaire de l'Office f~d&al des migrations &(Regroupementfamilial de ressortissants d'Etats tiers avec des citoyens de l'UE. Arret Metock de la CJCE d 25 juillet 2008 (C-127108) ). Dans cette circulaire, on peut lire que l'OFM estime qu'f en effet la Suisse n 'estpas tenue de reprendre l'arrt Metock car il estpostrieur &tla date de signature de l'ALCP (art. 16 § 2 ALCP). Ellen 'estpas lie par la directive 20041381CE du 29 avril 2004. En outre, lajurisprudence Basso a &t rigulirement confirme par le TF (arrks non publis 2A.57712003, 2A.45712003, 2A.57912003, 2A.64612005 etATF 1341110). Enin, cette restriction an regroupement familial a &t dcide par le Parlement galement t l'gard des ressortissants d'Etats tiers, membres de lafamille de citoyens suisses (Art. 42 al. 2 LEtr). ) <http://ww.bfm.admin.ch/etc/medialib/datalmigration/

rechtsgrundlagen/weisungenundkreisschreiben/weisungen-undrundschreiben.Par. 0042.File.

tmp/Rundschreiben-f-081020.pdf> (visits le 7.62009).

46 Arret 2C_607/2008, du 24 mars 2009.

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jusqu'A l'expiration de son autorisation de s6jour. Quant au gendre, sa double nationalit6 n'influe pas sur l'applicabilit6 de I'ALCP. Se r6f6rant A la jurisprudence de la CJCE47, le Tribunal f6d6ral constate que les Etats parties A I'ALCP n'ont aucun int6r~t A limiter la port6e des droits conf6r6s par l'accord en exigeant une seule nationalit6 du travailleur. Est ( membre de lafamille i charge>> toute personne qui b6n6ficie du soutien financier d'un ressortissant d'une partie contractante A I'ALCP, laquelle b6n6ficie du droit de s6jour.48 En l'espbce, la recourante b6n6ficie du soutien de son gendre.

La question de savoir A partir de quel moment la personne qui demande le droit de s6jour doit tre A la charge du ressortissant avec droit de s6jour revet A cet 6gard une importance toute particulibre. Les juges cantonaux ont estim6 que la personne devait Stre A la charge avant que le regroupement familial n'ait lieu (Regierungsrat des Kantons Zfirich) ou lorsque la demande de regroupement familial est faite (Tribunal administratif). Les juges s'6taient r6f6r6s A l'arret Jia49. Le Tribunal f6d6ral compare l'affaire sous examen avec les faits dans l'affaire Jia et considbre que ces deux cas ne sont pas analogues. La recourante vit en Suisse depuis des ann6es et il serait ds lors incompatible avec les rbgles sur le regroupement familial d'exiger de celle-ci qu'elle quitte le territoire suisse pour consid6rer qu'elle satisfait aux conditions requises. Par cons6quent, le refus de renouveler son autorisation de s6jour viole l'article 3, paragraphe 2, lettre b), de l'annexe I A I'ALCP.

La d6cision du Tribunal f6d6ral s'avbre pragmatique, et favorise le plein effet des dispositions et objectifs de I'ALCP.

b. Personnes n'exervant pas d'activit conomique - Nichterwerbstiitige

Le droit de s6jour peut 6tre demand6 par des personnes qui n'exercent pas d'activit6 6conomique dans l'Etat de r6sidence, lorsque certaines conditions sont remplies. Ainsi, elles doivent disposer, pour elles-memes et les membres de leur famille, de moyens financiers suffisants pour ne pas devoir faire appel A l'aide sociale pendant leur s6jour, ainsi que d'une assurance maladie couvrant l'ensemble des risques (article 24, paragraphe 1, de l'annexe I A I'ALCP). Dans les deux arr6ts comment6s ci-apr~s, le Tribunal f6d6ral apporte des pr6cisions sur ce que constituent des ( moyensfinanciers suffisants >.

" CJCE, GarciaAvello, du 2 octobre 2003, aff. C- 148/02, Rec. 2003, p. 1-11613, pt 28.

48 Le Tribunal fd&al se r&fbre A lajurisprudence de la CJCE: Lebon, du 18 juin 1987, aft: 316/85, Rec.

1987, p. 281; pt 22; Zhu et Chen, du 19 octobre 2004, aftf C-200/02, Rec. 2004, p. 1-9925, pt 43;

Jia, du 9janvier 2007, aftf C 1-105, Rec. 2007, p. 1-1, pt 35.

49 CJCE, Jia, du 9janvier 2007, aff. C-105, Rec. 2007, p. I-1.

(21)

b.]. Origine des ( moyens financiers suffisants > Herkunft ( ausreichender finanzieller Mittel

Dans un arret du 24 mars 200950, le Tribunal f~d~ral a dft r~pondre i la question de savoir si une ressortissante allemande qui a demand6 un droit de s~jour en vertu de I'ALCP possbde les moyens financiers suffisants n~cessaires i

l'obtention de ce droit au sens de l'article 24, paragraphe 1, lettre a), de l'annexe I I'ALCP. Comme l'int~ress~e n'exerce pas d'activit6 6conomique, l'autorisation de sjour lui a &6 refus~e au motif que ses moyens financiers n'6taient pas suffisants. Elle b~n~ficiait d'une rente mensuelle de 691 euros (CHF 1083) et vivait dans le meme village que sa fille et son gendre, tous deux ressortissants suisses. Ces derniers 6taient prets i la soutenir financibrement en lui versant CHF 700 par mois ainsi qu'en mettant i sa disposition des denr~es alimentaires. En application de l'article 16 de l'ordonnance LCP, qui precise i

partir de quand on se trouve en presence de moyens financiers suffisants, l'autorit6 comp~tente a 6valu6 i au moins CHF 2166 par mois les moyens financiers dont aurait besoin l'int~ress~e, et a consid6r6 que le soutien financier qu'elle revoit de sa fille et de son gendre ne saurait 6tre pris en consideration dans le calcul des moyens financiers i sa disposition.

Certaines informations relatives i la fille manquent au dossier et le Tribunal f~d~ral n'est pas en mesure d'6valuer si la recourante peut b~n~ficier d'un droit de sjour en vertu de l'article 3 de l'annexe I I'ALCP. I1 constate que l'int~ress~e ne peut pas se pr~valoir des droits inscrits i l'article 1, lettre a), de I'ALCP (droit de s~jour, d'accbs i une activit6 6conomique salari~e, d'6tablissement en tant qu'ind~pendant et le droit de demeurer sur le territoire des parties contractantes) mais qu'elle pourrait n~anmoins b~n~ficier d'un droit de sjour en vertu des articles 1, lettre c), et 6 de I'ALCP (droit de sjour des personnes sans activit6 6conomique dans le pays d'accueil), si les conditions des moyens financiers suffisants, inscrites i l'article 24, paragraphes 1 et 2, de l'annexe I i l'ALCP, sont r~unies.

Le Tribunal f~d~ral procbde ainsi i une interpretation de l'article 24, paragraphe 1, lettre a), de l'annexe I, en se r~f~rant i la directive 90/364/CEE et

i la jurisprudence de la CJCE rendue en la matibre. I1 estime que l'article 24 de l'annexe I i 1'ALCP a W inspir6 de la directive 90/364/CEE. Les dispositions en question ne pr~cisent cependant pas d'o doivent provenir les moyens. La CJCE a d~cid6 dans plusieurs arrets que l'origine de la provenance des moyens financiers 6tait sans pertinence"l, et a admis qu'ils pouvaient provenir de

" Arret 2C_577/2008, du 24 mars 2009.

51 CJCE, Zhu et Chen, du 19 octobre 2004, aff. C-200/02, Rec. 2004, p. 1-9925, pts 30 et 33; CJCE, Commission/Belgique, du 23 mars 2006, aff. C-408/03, Rec. 2006, p. 1-2647, pts 40 et 41.

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membres de la famille.52 Aussi, le Tribunal f~d~ral decide qu'il ne serait pas proportionn6 de fixer une condition << suppl~mentaire >> li~e i la provenance des moyens. I1 interprte de manibre t~l~ologique la disposition et considbre que la condition relative aux moyens financiers suffisants a pour objectif de prot~ger les finances publiques de l'Etat d'accueil. Dbs lors que cet objectif peut 6tre atteint, la provenance des ressources financibres est indiff~rente, pourvu qu'elles soient suffisantes.

Plus probl~matique serait la situation de l'int~ress~e si elle devait demander des prestations compl~mentaires i I'AVS sur la base de la loi sur les prestations complementaires (ci-aprbs LPC, du 6 octobre 2006) aprbs avoir obtenu l'autorisation de s~jour. Le soutien familial n'est pas pris en compte dans les conditions de l'article 1, lettre d), de la LPC. I1 serait toutefois possible, en vertu de l'article 24, paragraphe 8, de l'annexe I i I'ALCP, de retirer 1'autorisation de sjour lorsque l'int~ress~e demande des prestations compl~mentaires, car il s'av~rerait difficile, dans une telle situation, de consid~rer que la personne possbde des moyens financiers suffisants. Ici aussi, l'arret du Tribunal f~d~ral peut tre qualifi6 de pragmatique, en ce qu'il renonce i fixer une condition non express~ment pr~vue par I'ALCP.

b.2. Moment d'&valuation de la condition des ( moyens financiers suffi- sants Moment der Beurteilung der Bedingung der ( ausreichenden finanziellen Mittel>>

Le Tribunal f~d~ral a, dans un arret du 24 octobre 200811, proc~d6 i un contr6le de la condition relative aux moyens financiers suffisants dans le cas d'une demande d'autorisation formulae par une ressortissante espagnole. I1 s'agissait d'une jeune femme qui a v~cu en Suisse et qui a b~n~fici6 d'une autorisation de s~jour CE/AELE entre 1991 et 2004. Elle a quitt6 la Suisse et y est revenue en 2006. Elle a donn6 naissance i un enfant en f~vrier 2007, dont le pare est ressortissant nig~rien vivant hors de Suisse. Elle a re~u des allocations familiales et introduit une demande d'autorisation de s~jour pour personne sans activit6 lucrative. Sa demande a W rejet~e au motif qu'elle ne disposait pas de moyens financiers suffisants. Uint~ress~e ne conteste pas le fait de ne pas disposer de ressources financibres. Elle invoque toutefois le fait que le pare de l'enfant pourrait la soutenir financibrement s'il pouvait b~n~ficier d'une autorisation de s~jour. Dans cette affaire, le Tribunal f~d~ral constate que rien ne prouve que l'int~ress~e sera soutenue financibrement par le pare de l'enfant. Elle n'a en outre pas d~montr6 vouloir commencer une activit6 lucrative. Dans ces conditions, l'int~ress~e ne peut pas b~n~ficier d'un droit de s~jour, parce que

12 CJCE, Commission/Belgique, du 23 mars 2006, aff. C-408/03, Rec. 2006, p. 1-2647, pts 40 et 41.

" Arret 2C_346/2008, du 24 octobre 2008.

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