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Beispiel 38: Fachwort in Fussnote erklärt

4. VERSTÄNDLICHKEIT BEI DER ÜBERSETZUNGSARBEIT

4.1 Das Hamburger Verständlichkeitskonzept und Übersetzungsstrategie

4.1.1.2 Lexik

Auf Wortebene wurde darauf geachtet, dass, insofern möglich, geläufige Wörter verwendet wurden (Beispiele 5 und 6). Um die unscharfe Formulierung der Eigenschaft geläufiger Wörter näher erfassen zu können, wurde das Wortschatzportal der Uni Leipzig als Hilfsmittel heran-gezogen. Um Wörter zu finden, die auch tatsächlich als geläufige Wörter gelten können, wur-den die Häufigkeitsangaben (Anzahl, Rang und Häufigkeitsklasse) verschiewur-dener ZT-Varianten von Wörtern verglichen und dann eine Lösung gewählt (Uni Leipzig, o. J., o. S.). Die Forderung nach geläufigen Wörtern hängt wiederum mit der Frage zusammen, wie mit Fachwörtern um-gegangen werden soll. Das Thema Fachwörter wird hier ausgeklammert und eingehend in Kap. 4.2.2 behandelt. In diesem Unterkapitel werden zudem Beispiele diskutiert, wo konkreter formuliert und der Inhalt des AT mit Hilfe der Lexik einfacher dargestellt wurde (Beispiele 7 und 8).

Beispiel 5: Geläufiges Wort Mais ici, ce droit nous intéresse plus particulièrement parce qu’il sert de réceptacle à la sou-veraineté alimentaire. (Hubert, 2018, S. 119)

Hier interessiert uns dieses Recht aber ganz speziell, weil es den Blütenboden/das Sam-melbecken für die Ernährungs-souveränität legt.

Hier interessiert uns dieses Recht aber ganz speziell, weil es die Grundlage für die Ernäh-rungssouveränität legt.

® Das Wort réceptacle bezeichnet in der Botanik einen Blütenboden. Im AT wird damit ein poetisches Bild gezeichnet, das zum Thema passt. Im ZT funktionieren die eher ungeläufigen Wörter wie der Blütenboden noch das Sammelbecken als passende Übersetzung nicht. Auf die Poetik wird deshalb verzichtet und bei der Selbstrevision eine einfache, verständliche Lösung gewählt: die Grundlage. Das Wort drückt die hinter dem Bild stehende Idee aus und ist geläu-fig.

Beispiel 6: Geläufiges Wort Maintenant qu’elle a été adop-tée, la Déclaration est à la dis-position de tous. (Hubert, 2019,

® Im Übersetzungsentwurf wurde das Verb adopter (dt.: verabschieden, annehmen) nomina-lisiert und mit Verabschiedung übersetzt. Bei der Selbstrevision wurde es durch Annahme er-setzt, weil es gemäss dem Wortschatzportal der Uni Leipzig häufiger verwendet wird als Ver-abschiedung und deshalb für die Leserschaft verständlicher ist.

Wie Langer et al. (2019, S. 22) gezeigt haben, ist die Eigenschaft konkret für einen gut ver-ständlichen Text im Gegensatz zu abstrakt sehr wichtig. Auch Baumert (2018, S. 126) betont, dass für einen Text in einfacher Sprache möglichst wenig abstrakte, aber viel konkrete Wörter verwendet werden sollen, um eine Verbindung zum Wissen und dem, was der Leserschaft bekannt ist, herzustellen. An zwei Beispielen soll gezeigt werden, wie diese Optimierung die Übersetzungsarbeit beeinflusste.

Beispiel 7: Konkret statt abstrakt

Certains diront que les paysans peuvent eux-mêmes faire protéger leurs semences, or ils n’ar-rivent que peu souvent à remplir les critères né-cessaires, et cela justement parce que les prin-cipes même d’une semence paysanne sont sa va-riabilité, sa capacité à évoluer et à s’adapter.

(Hubert, 2019, S. 112)

Es wird allgemein angenommen, dass die Klein-bäuerinnen ihr Saatgut ja selber schützen könn-ten. Bäuerliches Saatgut erfüllt aber nur ganz sel-ten die nötigen Anforderungen (Unterscheid-barkeit, Homogenität und Beständigkeit). Viel-mehr ist es variabel und damit entwicklungs- und anpassungsfähig.

® Les critères nécessaires ist in diesem Kontext abstrakt. Damit sind die vier Absätze weiter oben genannten Kriterien stabilité, homogénéité et distinction (ebd., S. 110) gemeint. Der Ab-stand zwischen Verweis und dem Ziel des Verweises – hier in Form eines Sammelbegriffs – ist hier zu gross. Baumert (2019, S. 115) empfiehlt höchstens zwei Sätze. Deshalb werden die drei Kriterien an dieser Textstelle nochmals wiederholt, um sie den Leserinnen und Lesern in Erin-nerung zu rufen. Critères nécessaires wurde mit nötigen Anforderungen übersetzt. Der lange AT-Satz wird zudem dreigeteilt.

Beispiel 8: Konkret statt abstrakt

Aujourd’hui les paysans ne perçoivent pas assez de revenus et sont pressurés par les coûts des intrants rendus nécessaires par le format d’agri-culture imposé. (Hubert, 2019, S. 102)

Aktuell verdienen Kleinbäuerinnen zu wenig und werden von den Kosten der landwirtschaftli-chen Betriebsmittel (u. a. Unkraut- und Schäd-lingsbekämpfungsmittel) erdrückt. Die industri-elle Landwirtschaft schreibt ihnen diese Mittel vor.

® Anstelle von le format d’agriculture imposé, das zwar im Kontext des Buches verstanden werden dürfte, aber hier eher abstrakt klingt und nicht direkt ein Bild hervorruft, wurde der Begriff industrielle Landwirtschaft gewählt. Der Begriff wird im Buch auch als Gegenteil der bäuerlichen Landwirtschaft verstanden. Zudem wurden les coûts des intrants mit einer Klam-mer ergänzt, in der konkret ausgedrückt wird, was unter Betriebsmittel u. a. gemeint ist.

Die Herausforderung bei der Übersetzung der Lexik bestand auf Wortebene einerseits darin, im AT abstrakte Textstellen richtig zu eruieren und sie im ZT konkret auszudrücken, und an-dererseits, ein Vokabular zu verwenden, dass der unscharfen Formulierung geläufig gerecht wird.

4.1.2 Gliederung/Ordnung

Wie in Kap. 3.4.2 festgestellt wurde, sind die Eigenschaften des Merkmals Gliederung/Ord-nung praktisch durchgehend erfüllt. Damit auch der ZT gut gegliedert und der rote Faden sichtbar bleibt, musste die Makrostruktur bzw. die äussere Gliederung und damit einerseits die visuellen Eigenschaften und andererseits der thematische Ablauf der Unterkapitel im ZT respektiert werden. Dabei war die Herausforderung beim Transfer typografischer Elemente klein, da sie übernommen werden konnten. Die Übersetzung der Titel als Metatexte dagegen war insofern anspruchsvoll, weil ihre kommunikative Rolle zum Kontaktaufbau mit der Leser-schaft wichtig ist und sie im Rahmen des Gesamttextes betrachtet werden mussten.

Die Perzipierbarkeit im Sinne von Bredel und Maass (2016, S. 117 f.) war nach dem persönli-chen Empfinden des Übersetzers eingeschränkt, weil u. a. der AT eine relativ kleine Schrift-grösse verwendet. Gestützt auf das Argument von Baumert (2018, S. 88), dass Texte „gut les-bar“ sein sollen und vor dem Hintergrund, dass keine Vorgaben von Seiten eines Verlags be-standen, wurde der Buchausschnitt nach „eigenem Geschmack“ angepasst. Im ZT wurde des-halb die Schriftgrösse fast durchgehend angepasst und der Zeilenabstand vergrössert.20 In den Unterkapiteln a und b wurde eine Zwischenlinie dort eingefügt, wo die thematische Einleitung ins Thema zu Ende geht und die Besprechung des Artikels der UN-Erklärung folgt. Auf der Zei-chenebene wurden die französischen durch deutsche Anführungs- und Schlusszeichen ersetzt.

Wie in Kap. 3.4.2 erwähnt, fehlt es nach Einschätzung des Übersetzers in Unterkapitel a auch an kursiv gesetzten Begriffen. Deshalb wurden im ZT in Eigenregie, jedoch nach den Vorgaben des Verlagsverantwortlichen Florian Rochat (Anhang VI, S. 3), acht Begriffe kursiv gesetzt. Die hier erwähnten Eingriffe geschahen alle mit der Absicht, die Perzipierbarkeit des Textes zu erhöhen.

Die Makrostruktur drückt sich ausserdem auch durch Intexte aus, die als Gliederungssignale agieren. Nord (2009, S. 114) weist darauf hin, dass bei der Übersetzung der Intexte die Funk-tion im Rahmen des Gesamttextes entscheidend ist. Wie das im ZT für Fussnoten gelöst wurde, wird im folgenden Unterkapitel diskutiert. Kap. 4.1.2.2 diskutiert metakommunikative Parenthesen. Wörtliche Zitate von Drittpersonen werden einerseits in Kap. 4.1.4 (Anregende Zusätze) und andererseits im Falle der Zitate aus der UN-Erklärung in Kap. 4.2.1 thematisiert.

Die Mikrostruktur bzw. die innere Ordnung und mit ihr die Folgerichtigkeit der Sätze und logi-sche Beziehungen sollen auch im ZT zum Tragen kommen. Träger dieser textuellen Kohärenz sind vor allem Konnektoren und indirekte Signalwörter, die in Kap. 4.1.2.3 behandelt werden.