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Beispiel 38: Fachwort in Fussnote erklärt

2. THEORETISCHER TEIL

2.3 Juristische Fachsprache und Popularisierung

In diesem Kapitel werden theoretische Aspekte aus den Bereichen fachexterne Kommunika-tion, Fachsprache, Verständlichkeit und Recht sowie Popularisierung bzw. Verständlichma-chung von Inhalten vorgestellt. Sie liefern einerseits Informationen, um die Kommunikations-situation näher betrachten zu können (Kap. 2.3.1 und 2.3.2) und andererseits bieten sie In-strumente zur AT-Analyse und Strategien für die Erstellung des ZT an (Kap. 2.3.3 und 2.3.4).

2.3.1 Fachexterne Kommunikation

Wenn verständliche Texte gefordert sind, geht es nach Stolze (2013, S. 209) „meist um fach-externe Kommunikation“. Stolze (ebd., S. 201) übernimmt bei ihrer Betrachtung der Kommu-nikationsformen die Unterteilung von Möhn (1977) und unterscheidet zwischen „fachintern (Verständigung zwischen Fachleuten eines Faches)“, „interfachlich (Kommunikation zwischen Angehörigen verschiedener Fächer)“ und „fachextern (Kommunikation mit Laien)“. Die

Auf-Textbetrachtung hat, damit Übersetzerinnen und Übersetzer wissen, ob es sich um fachex-terne Kommunikation im Sinne „populärwissenschaftlicher Texte oder Instruktionen“ handelt (Stolze, 2013, S. 201 f.). Das Vorwissen ist bei jedem einzelnen Individuum unterschiedlich, weshalb Verständlichkeit vor dem Hintergrund der Zielgruppe beurteilt werden muss und Texte adressatengerecht aufbereitet werden müssen (ebd., S. 231). Kalverkämper (1988, S.

171) rät für die Verständlichkeitsförderung, dort Erklärungen zu machen, wo der Sender Un-kenntnis bei seinen Leserinnen und Lesern vermutet. Als Beispiel für fachexterne Kommuni-kation nennt Stolze (2013, S. 208 f.) „Sachtexte“, für die sie passende Übersetzungen fordert, um den Informationsgraben zwischen Fachwelt und interessierten Laien zu schliessen. Ferner unterteilt Stolze (ebd., S. 212) die empfängerbezogene fachexterne Kommunikation in „popu-larisierende Textsorten (Inhalte erklären)“, „instruktive Textsorten (zum Handeln anleiten)“

und „direktiven Textsorten (Verhalten vorschreiben)“. Das Sachbuch ordnet sie den populari-sierenden Textsorten zu. Heidrich (2016, S. 156) fügt an, dass Verständlichkeit eine Eigen-schaft ist, die „ein Text erst in einer konkreten Lesesituation durch einen bestimmten Leser (mit unterschiedlichen kognitiven und motivationalen Voraussetzungen) erhält“. Sie verweist dabei auf die Beziehung zwischen Expertinnen und Experten sowie Laien.

2.3.2 Experte und Laie

Die Beziehung zwischen Experte und Laie hat Roelcke (2018, S. 3 ff.) näher untersucht und eine rechtssprachliche Kommunikationstypologie auf Basis seiner fachsprachlichen Kommu-nikation entwickelt. Laut Roelcke (ebd., S. 7) sind Expertinnen und Experten „Personen, die im Rahmen eines bestimmten Faches oder Fachgebietes (eher theorie- oder anwendungsbezo-gen) spezialisiert agieren und kommunizieren“, während Laien über eine derartige Spezialisie-rung nur selten verfügen. Allerdings ist die Unterscheidung zwischen Expertinnen und Exper-ten sowie Laien laut Roelcke (ebd.) nicht ganz unproblematisch, da eine Person, die sich mit einem bestimmten Gebiet auseinandersetzt, automatisch eine gewisse Spezialisierung er-wirbt und so vom Status des Laien etwas abrückt.

Zwei seiner insgesamt 20 vorgeschlagenen Typen rechtssprachlicher Kommunikation sind für die vorliegende Arbeit von Bedeutung. Erstens Typ 10, der die Kommunikation zwischen Rechtslaie und Rechtsexperte betrifft und zweitens Typ 12, der auf die Kommunikation zwi-schen Rechtslaie und Legislative fokussiert (ebd., S. 15 f.). Typ 10 betrifft vor allem den Bedarf der Bürgerinnen und Bürger an „juristischem Beistand“, während Typ 12 auf die Beziehung

zwischen dem Gesetzgeber und Betroffenen sowie das Inkrafttreten von Gesetzen fokussiert (ebd.). Typ 10 bildet ferner eine wichtige Verbindungsstelle zwischen der rechtsbezogenen Kommunikation innerhalb des Fachbereichs und dem privaten Alltag bzw. der Öffentlichkeit (ebd., S. 19). Roelcke hebt insbesondere den Aspekt des „Transfers bzw. der Transformation von juristischen Fachinhalten“ hervor (ebd., S. 20). Dieser sprachliche Transfer von Wissen zwischen den beiden Gruppen kann nicht als Eins-zu-Eins-Übersetzung von Fachinhalten in Inhalte der „sogenannten Allgemein- oder Standardsprache“ verstanden werden (ebd., S. 21).

Die Kluft zwischen rechts- und standardsprachlichem Rechtswissen bedarf laut Roelcke „einer fortwährenden Moderation, die nicht allein den Gesichtspunkt der Verständlichkeit im Auge behält, sondern auch der Variabilität rechtlichen Wissens Rechnung trägt.“ (ebd.)

Die geschilderten Erkenntnisse führen automatisch zum Thema der Popularisierung von Inhal-ten bzw. im vorliegenden Fall der Popularisierung von Rechtswissen – laut Roelcke (ebd., S.

16) ein Bereich, der in der linguistischen und didaktischen Forschung noch stärker betrachtet werden sollte.

2.3.3 Popularisierung von Inhalten

Popularisierung ist ein grosser Bereich verschiedener Arten von kommunikativen Ereignissen oder Genres, die den Transfer von Fachwissen in Alltags- oder Laienwissen behandelt (Calsa-miglia und Van Dijk, 2004, S. 370). Der Prozess, etwas vereinfacht und verständlich auszudrü-cken, beinhaltet nicht nur eine Reformulierung, sondern vielmehr auch eine Rekontextualisie-rung des Inhalts, um das schon vorhandene Wissen des (Laien-)Publikums aufzugreifen (ebd., S. 371). Liao (2003, S. 130 f.) betont, dass in der Forschung zur Popularisierung vorwiegend der intralinguale Inhaltstransfer im Zentrum steht, der interlinguale Transfer von popularisier-ten Texpopularisier-ten aber zunehmend auch thematisiert wird. Im Rahmen der Übersetzungswissen-schaften ist die Forschung zur Popularisierung bzw. Verständlichmachung von Inhalten aber noch ein wenig beachtetes Gebiet (ebd.).5

5 Für die vorliegende Arbeit werden die Begriffe intra- und interlinguale Übersetzung bzw. Transferleistungen im

Niederhauser (1997, S. 107-122) hat sich mit dem Thema Popularisierung von Wissenschaft beschäftigt. Laut ihm handelt es sich um einen Typ der Textproduktion, der beabsichtigt, wis-senschaftliche Inhalte für Rezipienten- und Interessengruppen ausserhalb der Wissenschaft zu beschreiben (S. 109). Die im Folgenden vorgestellten Techniken und Strategien, insbeson-dere der Umgang mit Fachwörtern, sind für die Analyse und Diskussion des Wissenstransfers bei der Übersetzung des Buchausschnittes von Interesse und werden für die vorliegende Ar-beit in den juristischen Themenbereich übertragen (s. Kap. 4.2).

Zwei Techniken sind bei der Popularisierung von Wissenschaft von besonderer Bedeutung:

1. die „Reduktion der Informationsfülle“ und 2. die „Reduktion der Informationsdichte“

(S. 111 und 113). Bei der ersten Technik werden die zu vermittelnden Inhalte aus der wissen-schaftlichen Kommunikationssituation ausgegliedert, zuweilen gar weggelassen, und der Text umgestaltet (S. 111). Dies drückt sich z. B. durch die Reduktion des Anmerkungsapparats aus oder indem die Einordnung der Forschungsergebnisse wegfallen, weil sie für fachexterne Le-serinnen und Leser unbedeutend sind (S. 111). Ein minimaler Fussnoten- oder Anmerkungs-apparat wird allerdings als paradox bezeichnet, denn gerade solche Anmerkungen würden es erlauben, verschiedene Vorwissensstufen und Interessen von Leserinnen und Lesern zu be-rücksichtigen und Zusatzerklärungen und -informationen zu liefern (S. 116). Die Technik der Reduktion von Informationsdichte dagegen dient der Erweiterung und Ergänzung von im Text enthaltenen Einzelheiten. Es gilt, Informationen „zu entfalten, umzuschreiben und mit dem nötigen Kontext zu versehen“, um sie für ein uneingeweihtes Publikum verständlich aufzube-reiten (S. 113). Zusammenfassend werden u. a. folgende Strategien für die Wissenschaftsver-mittlung empfohlen (S. 118 f.): Inhalte in Argumentationszusammenhänge stellen, Informati-onen personalisieren und, wenn möglich, zwischen dem präsentierten wissenschaftlichen Er-eignis und dem Alltag der Leserinnen und Leser einen Bezug herstellen. Betreffend Syntax und Textstruktur wird zu linguistischen Variationen sowie der Umschreibung des Textes in Rich-tung journalistischer Textsorten geraten (S. 115 f.).

2.3.4 Umgang mit Fachwörtern

Der Umgang mit Fachwörtern im Rahmen der fachexternen Kommunikation und der Popula-risierung von Inhalten ist für die vorliegende Arbeit zentral. Niederhauser (1999, S. 136 f.) weist darauf hin, dass der Begriff im Rahmen fachexterner Kommunikation nicht einheitlich verwendet wird, bemerkt aber, dass Fachwörter gegenüber gemeinsprachlichen Wörtern eine

„grössere Exaktheit, Eindeutigkeit und Kontextunabhängigkeit“ aufweisen. Roelcke (2005, S.

50) definiert das Fachwort als „die kleinste bedeutungsragende und zugleich frei verwendbare sprachliche Einheit, die innerhalb der Kommunikation eines bestimmten menschlichen Tätig-keitsbereichs gebraucht“ wird. Generell gelten Fachwörter oft als Grund für Unverständlich-keit eines Textes und sind im Kopf von Experten und Laien als „typisches FachlichUnverständlich-keitssignal“

verankert (Niederhauser, 1999, S. 133). Langer et al. (2019, S. 22) weisen unter dem Merkmal der Einfachheit zwar darauf hin, dass Fachwörter erklärt werden sollten, präzisieren aber nicht, wie das geschehen muss. Wie in Kap. 2.4 gezeigt werden konnte, macht Baumert (2018, S. 129 f.) Empfehlungen, wie mit Fachwörtern bei einfacher Sprache umgegangen werden soll.

Ergänzend werden für den Umgang mit Fachwörtern die Strategien von Niederhauser (1999, S. 140-162) herangezogen, um ein praktisches Hilfsmittel zur Verfügung zu haben. Er be-schreibt für die fachexterne Kommunikation verschiedene Möglichkeiten im Umgang mit Fachwörtern:

• Erklärung von Fachwörtern durch direkte, eingehendere Definition: Das Fachwort wird genannt und dann mit einer Definition unmittelbar erläutert (S. 143). Das Ziel einer popularisierenden Definition ist es, bei der Leserschaft an allgemein vorhan-denes Wissen anzuknüpfen und so für das Fachwort einen erklärenden Kontext zu schaffen (S. 143). Dies geschieht entweder anaphorisch oder kataphorisch (S. 146).

Die Definition besteht meist aus „nicht mehr als zwei, drei Sätzen oder einem länge-ren, hypotaktisch gegliederten Satz“ (S. 148).

• Fachworterklärung durch Kurzdefinition und Kurzerläuterung: Kurze Definitionen und Erläuterungen sind sprachlich so formuliert, dass sie z. B. die Form einer Paren-these annehmen, aber keinen komplett formulierten Satz (S. 147 f.). Aus der fachli-chen Perspektive betrachtet, liefern sie „unvollständige und unpräzise Angaben“, sind aber für popularisierende Verfahren gut geeignet (S. 149).

• Implizite Fachworterklärung durch entfaltende Definition: Erklärungen, die mehr-fach, z. B. in einem Textabschnitt, verteilt sind. Das heisst, das Fachwort wird ge-nannt und später mehrmals wieder aufgegriffen (S. 150). Damit erschliesst sich sein fachlicher Inhalt aus der „textuellen Vernetzung“ von Informationen (S. 150). Ein Vorteil dieser Strategie ist, dass im Verlauf des Textes mehrere Aspekte des

Fach-Definitionen ist aber, dass sie schwieriger zu verstehen sein können, weil die Lese-rinnen und Leser nicht auf den ersten Blick das Fachwort als solches erkennen und sie mit „textuell vernetzt dargestellten Informationen“ vertraut sein müssen (S.

152).

• Umschreibendes Weglassen: Fachwörter bzw. Phänomene können ungenannt blei-ben, werden jedoch im Text durch den „fachlichen Gehalt“ umschrieben (S. 153).

Durch dieses Vorgehen kann die Nennung vieler aufeinanderfolgender Fachbegriffe vermieden werden (S. 154).

• Unerklärte Fachwörter: Bleiben Fachwörter unerklärt, werden sie den Leserinnen und Lesern zugetraut (S. 155). Diese Strategie wird aber nur bei „spezialisierten Stu-fen der Popularisierung“ angewandt (S. 155). Welche Begriffe als bekannt angese-hen werden, wird durch das vorausgesetzte Wissen und damit den angesprocangese-henen Rezipientinnen und Rezipienten entschieden (S. 156). Je nach Leserschaft können auch gewisse Fachkenntnisse vorausgesetzt werden (S. 157).

Abschliessend kann festgehalten werden, dass die vorgestellten Erklärungsmuster nicht klar voneinander getrennt werden können und vielfach in Mischformen auftreten (S. 158).